Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied

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© ООО «Издательство АСТ», 2022

Das Nibelungenlied

Abenteuer 1

Wie Kriemhilden träumte

Рис.0 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 1 Viel Wunderdinge melden die Maren alter Zeit
  • Von preiswerthen Helden, von großer Kühnheit,
  • Von Freud und Festlichkeiten, von Weinen und von
  • Klagen,
  • Von kühner Recken Streiten mögt ihr nun Wunder
  • hören sagen.
  • 2 Es wuchs in Burgunden solch edel Mägdelein,
  • Daß in allen Landen nichts Schönres mochte sein.
  • Kriemhild war sie geheißen, und ward ein schönes Weib,
  • Um die viel Degen musten verlieren Leben und Leib.
  • 3 Die Minnigliche lieben brachte Keinem Scham;
  • Um die viel Recken warben, Niemand war ihr gram.
  • Schön war ohne Maßen die edle Maid zu schaun;
  • Der Jungfrau höfsche Sitte wär eine Zier allen Fraun.
  • 4 Es pflegten sie drei Könige edel und reich,
  • Gunther und Gernot, die Recken ohne Gleich,
  • Und Geiselher der junge, ein auserwählter Degen;
  • Sie war ihre Schwester, die Fürsten hatten sie zu pflegen.
  • 5 Die Herren waren milde, dazu von hohem Stamm,
  • Unmaßen kühn nach Kräften, die Recken lobesam.
  • Nach den Burgunden war ihr Land genannt;
  • Sie schufen starke Wunder noch seitdem in Etzels Land.
  • 6 In Worms am Rheine wohnten die Herrn in ihrer Kraft.
  • Von ihren Landen diente viel stolze Ritterschaft
  • Mit rühmlichen Ehren all ihres Lebens Zeit,
  • Bis jämmerlich sie starben durch zweier edeln Frauen Streit.
  • 7 Ute hieß ihre Mutter, die reiche Königin,
  • Und Dankrat ihr Vater, der ihnen zum Gewinn
  • Das Erbe ließ im Tode, vordem ein starker Mann,
  • Der auch in seiner Jugend großer Ehren viel gewann.
  • 8 Die drei Könge waren, wie ich kund gethan,
  • Stark und hohen Muthes; ihnen waren unterthan
  • Auch die besten Recken, davon man hat gesagt,
  • Von großer Kraft und Kühnheit, in allen Streiten
  • unverzagt.
  • 9 Das war von Tronje Hagen, und der Bruder sein,
  • Dankwart der Schnelle, von Metz Herr Ortewein,
  • Die beiden Markgrafen Gere und Eckewart,
  • Volker von Alzei, an allen Kräften wohlbewahrt,
  • 10 Rumold der Küchenmeister, ein theuerlicher Degen,
  • Sindold und Hunold: die Herren musten pflegen
  • Des Hofes und der Ehren, den Köngen unterthan.
  • Noch hatten sie viel Recken, die ich nicht alle nennen
  • kann.
  • 11 Dankwart war Marschall; so war der Neffe sein
  • Truchseß des Königs, von Metz Herr Ortewein.
  • Sindold war Schenke, ein waidlicher Degen,
  • Und Kämmerer Hunold: sie konnten hoher Ehren
  • pflegen.
  • 12 Von des Hofes Ehre von ihrer weiten Kraft,
  • Von ihrer hohen Würdigkeit und von der Ritterschaft,
  • Wie sie die Herren übten mit Freuden all ihr Leben,
  • Davon weiß wahrlich Niemand euch volle Kunde zu geben.
  • 13 In ihren hohen Ehren träumte Kriemhilden,
  • Sie zög einen Falken, stark-, schön- und wilden;
  • Den griffen ihr zwei Aare, daß sie es mochte sehn:
  • Ihr konnt auf dieser Erde größer Leid nicht geschehn.
  • 14 Sie sagt’ ihrer Mutter den Traum, Frau Uten:
  • Die wust ihn nicht zu deuten als so der guten:
  • «Der Falke, den du ziehest, das ist ein edler Mann:
  • Ihn wolle Gott behüten, sonst ist es bald um ihn gethan.»
  • 15 «Was sagt ihr mir vom Manne, vielliebe Mutter mein?
  • Ohne Reckenminne will ich immer sein;
  • So schön will ich verbleiben bis an meinen Tod,
  • Daß ich von Mannesminne nie gewinnen möge Noth.»
  • 16 «Verred es nicht so völlig,» die Mutter sprach da so,
  • «Sollst du je auf Erden von Herzen werden froh,
  • Das geschieht von Mannesminne: du wirst ein schönes
  • Weib,
  • Will Gott dir noch vergönnen eines guten Ritters Leib.»
  • 17 «Die Rede laßt bleiben, vielliebe Mutter mein.
  • Es hat an manchen Weiben gelehrt der Augenschein,
  • Wie Liebe mit Leide am Ende gerne lohnt;
  • Ich will sie meiden beide, so bleib ich sicher verschont!»
  • 18 Kriemhild in ihrem Muthe hielt sich von Minne frei.
  • So lief noch der guten manch lieber Tag vorbei,
  • Daß sie Niemand wuste, der ihr gefiel zum Mann,
  • Bis sie doch mit Ehren einen werthen Recken gewann.
  • 19 Das war derselbe Falke, den jener Traum ihr bot,
  • Den ihr beschied die Mutter. Ob seinem frühen Tod
  • Den nächsten Anverwandten wie gab sie blutgen Lohn!
  • Durch dieses Einen Sterben starb noch mancher
  • Mutter Sohn.

Abenteuer 2

Von Siegfrieden

Рис.1 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 20 Da wuchs im Niederlande eines edeln Königs Kind,
  • Siegmund hieß sein Vater, die Mutter Siegelind,
  • In einer mächtgen Veste, weithin wohlbekannt,
  • Unten am Rheine, Xanten war sie genannt.
  • 21 Ich sag euch von dem Degen, wie so schön er ward.
  • Er war vor allen Schanden immer wohl bewahrt.
  • Stark und hohes Namens ward bald der kühne Mann:
  • Hei! was er großer Ehren auf dieser Erde gewann!
  • 22 Siegfried ward geheißen der edle Degen gut.
  • Er erprobte viel der Recken in hochbeherztem Muth.
  • Seine Stärke führt’ ihn in manches fremde Land:
  • Hei! was er schneller Degen bei den Burgunden fand!
  • 23 Bevor der kühne Degen voll erwuchs zum Mann,
  • Da hatt er solche Wunder mit seiner Hand gethan,
  • Davon man immer wieder singen mag und sagen;
  • Wir müßen viel verschweigen von ihm in heutigen Tagen.
  • 24 In seinen besten Zeiten, bei seinen jungen Tagen
  • Mochte man viel Wunder von Siegfrieden sagen,
  • Wie Ehr an ihm erblühte und wie schön er war zu schaun:
  • Drum dachten sein in Minne viel der waidlichen Fraun.
  • 25 Man erzog ihn mit dem Fleiße, wie ihm geziemend war;
  • Was ihm Zucht und Sitte der eigne Sinn gebar!
  • Das ward noch eine Zierde für seines Vaters Land,
  • Daß man zu allen Dingen ihn so recht herrlich fand.
  • 26 Er war nun so erwachsen, mit an den Hof zu gehn.
  • Die Leute sahn ihn gerne; viel Fraun und Mädchen schön
  • Wünschten wohl, er käme dahin doch immerdar;
  • Hold waren ihm gar viele, des ward der Degen wohl
  • gewahr.
  • 27 Selten ohne Hüter man reiten ließ das Kind.
  • Mit Kleidern hieß ihn zieren seine Mutter Siegelind;
  • Auch pflegten sein die Weisen, denen Ehre war bekannt:
  • Drum möcht er wohl gewinnen so die Leute wie das Land,
Рис.2 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 28 Nun war er in der Stärke, daß er wohl Waffen trug:
  • Wes er dazu bedurfte, des gab man ihm genug.
  • Schon sann er zu werben um manches schöne Kind;
  • Die hätten wohl mit Ehren den schönen Siegfried geminnt.
  • 29 Da ließ sein Vater Siegmund kund thun seinem Lehn,
  • Mit lieben Freunden woll er ein Hofgelag begehn.
  • Da brachte man die Märe in andrer Könge Land.
  • Den Heimischen und Gästen gab er Ross und Gewand.
  • 30 Wen man finden mochte, der nach der Eltern Art
  • Ritter werden sollte, die edeln Knappen zart
  • Lud man nach dem Lande zu der Lustbarkeit,
  • Wo sie das Schwert empfiengen mit Siegfried zu gleicher
  • Zeit.
  • 31 Man mochte Wunder sagen von dem Hofgelag.
  • Siegmund und Siegelind gewannen an dem Tag
  • Viel Ehre durch die Gaben, die spendet’ ihre Hand:
  • Drum sah man viel der Fremden zu ihnen reiten in das
  • Land.
  • 32 Vierhundert Schwertdegen sollten gekleidet sein
  • Mit dem jungen Könige. Manch schönes Mägdelein
  • Sah man am Werk geschäftig: ihm waren alle hold.
  • Viel edle Steine legten die Frauen da in das Gold,
  • 33 Die sie mit Borten wollten auf die Kleider nähn
  • Den jungen stolzen Recken; das muste so ergehn.
  • Der Wirth ließ Sitze bauen für manchen kühnen Mann
  • Zu der Sonnenwende, wo Siegfried Ritters Stand gewann.
  • 34 Da gieng zu einem Münster mancher reiche Knecht
  • Und viel der edeln Ritter. Die Alten thaten recht,
  • Daß sie den Jungen dienten, wie ihnen war geschehn,
  • Sie hatten Kurzweile und freuten sich es zu sehn.
  • 35 Als man da Gott zu Ehren eine Messe sang,
  • Da hub sich von den Leuten ein gewaltiger Drang,
  • Da sie zu Rittern wurden dem Ritterbrauch gemäß
  • Mit also hohen Ehren, so leicht nicht wieder geschähs.
  • 36 Sie eilten, wo sie fanden geschirrter Rosse viel.
  • Da ward in Siegmunds Hofe so laut das Ritterspiel,
  • Daß man ertosen hörte Pallas und Saal.
  • Die hochbeherzten Degen begannen fröhlichen Schall.
  • 37 Von Alten und von Jungen mancher Stoß erklang,
  • Daß der Schäfte Brechen in die Lüfte drang.
  • Die Splitter sah man fliegen bis zum Saal hinan.
  • Die Kurzweile sahen die Fraun und Männer mit an.
  • 38 Der Wirth bat es zu laßen. Man zog die Rosse fort;
  • Wohl sah man auch zerbrochen viel starke Schilde dort
  • Und viel der edeln Steine auf das Gras gefällt
  • Von des lichten Schildes Spangen: die hatten Stöße
  • zerschellt.
  • 39 Da setzten sich die Gäste, wohin man ihnen rieth,
  • zu Tisch, wo von Ermüdung viel edle Kost sie schied
  • Und Wein der allerbeste, des man die Fülle trug.
  • Den Heimischen und Fremden bot man Ehren da genug.
  • 40 So viel sie Kurzweile gefunden all den Tag,
  • Das fahrende Gesinde doch keiner Ruhe pflag:
  • Sie dienten um die Gabe, die man da reichlich fand;
  • Ihr Lob ward zur Zierde König Siegmunds ganzem Land.
  • 41 Da ließ der Fürst verleihen Siegfried, dem jungen Mann,
  • Das Land und die Burgen, wie sonst er selbst gethan.
  • Seinen Schwertgenoßen gab er mit milder Hand:
  • So freute sie die Reise, die sie geführt in das Land.
  • 42 Das Hofgelage währte bis an den siebten Tag.
  • Sieglind die reiche der alten Sitte pflag,
  • Daß sie dem Sohn zu Liebe vertheilte rothes Gold:
  • Sie könnt es wohl verdienen, daß ihm die Leute waren
  • hold.
  • 43 Da war zuletzt kein armer Fahrender mehr im Land.
  • Ihnen stoben Kleider und Rosse von der Hand,
  • Als hätten sie zu leben nicht mehr denn einen Tag.
  • Man sah nie Ingesinde, das so großer Milde pflag.
  • 44 Mit preiswerthen Ehren zergieng die Lustbarkeit.
  • Man hörte wohl die Reichen sagen nach der Zeit,
  • Daß sie dem Jungen gerne wären unterthan;
  • Das begehrte nicht Siegfried, dieser waidliche Mann.
  • 45 So lange sie noch lebten, Siegmund und Siegelind,
  • Wollte nicht Krone tragen der beiden liebes Kind;
  • Doch wollt er herrlich wenden alle die Gewalt,
  • Die in den Landen fürchtete der Degen kühn und
  • wohlgestalt.
  • 46 Ihn durfte Niemand schelten: seit er die Waffen nahm,
  • Pflag er der Ruh nur selten, der Recke lobesam.
  • Er suchte nur zu streiten und seine starke Hand
  • Macht’ ihn zu allen Zeiten in fremden Reichen
  • wohlbekannt.
  • 47 Den Herrn beschwerte selten irgend ein Herzeleid.
  • Er hörte Kunde sagen, wie eine schöne Maid
  • Bei den Burgunden wäre, nach Wünschen wohlgethan,
  • Von der er bald viel Freuden und auch viel Leides gewann.
  • 48 Von ihrer hohen Schöne vernahm man weit und breit,
  • Und auch ihr Hochgemüthe ward zur selben Zeit
  • Bei der Jungfrauen den Helden oft bekannt:
  • Das ladete der Gäste viel in König Gunthers Land.
  • 49 So viel um ihre Minne man Werbende sah,
  • Kriemhild in ihrem Sinne sprach dazu nicht Ja,
  • Daß sie einen wollte zum geliebten Mann:
  • Er war ihr noch gar fremde, dem sie bald ward unterthan.
  • 50 Dann sann auf hohe Minne Sieglindens Kind:
  • All der Andern Werben war wider ihn ein Wind.
  • Er mochte wohl verdienen ein Weib so auserwählt:
  • Bald ward die edle Kriemhild dem kühnen Siegfried
  • vermählt.
  • 51 Ihm riethen seine Freunde und Die in seinem Lehn,
  • Hab er stäte Minne sich zum Ziel ersehn,
  • So soll er werben, daß er sich der Wahl nicht dürfe
  • schämen.
  • Da sprach der edle Siegfried: «So will ich Kriemhilden
  • nehmen,
  • 52 Die edle Königstochter von Burgundenland,
  • Um ihre große Schöne. Das ist mir wohl bekannt,
  • Kein Kaiser sei so mächtig, hätt er zu frein im Sinn,
  • Dem nicht zum minnen ziemte diese reiche Königin.»
  • 53 Solche Märe hörte der König Siegmund.
  • Es sprachen seine Leute: also ward ihm kund
  • Seines Kindes Wille. Es war ihm höchlich leid,
  • Daß er werben wolle um diese herrliche Maid.
  • 54 Es erfuhr es auch die Königin, die edle Siegelind:
  • Die muste große Sorge tragen um ihr Kind,
  • Weil sie wohl Gunthern kannte und Die in seinem Heer
  • Die Werbung dem Degen zu verleiden fliß man sich sehr.
  • 55 Da sprach der kühne Siegfried: «Viel lieber Vater mein,
  • Ohn edler Frauen Minne wollt ich immer sein,
  • Wenn ich nicht werben dürfte nach Herzensliebe frei.»
  • Was Jemand reden mochte, so blieb er immer dabei.
  • 56 «Ist dir nicht abzurathen,» der König sprach da so,
  • «So bin ich deines Willens von ganzem Herzen froh
  • Und will dirs fügen helfen, so gut ich immer kann;
  • Doch hat der König Gunther manchen hochfährtgen
  • Mann.»
  • 57 «Und wär es anders Niemand als Hagen der Degen,
  • Der kann im Uebermuthe wohl der Hochfahrt pflegen,
  • So daß ich sehr befürchte, es mög uns werden leid,
  • Wenn wir werben wollen um diese herrliche Maid.»
  • 58 «Wie mag uns das gefährden!» hub da Siegfried an:
  • «Was ich mir im Guten da nicht erbitten kann,
  • Will ich schon sonst erwerben mit meiner starken Hand,
  • Ich will von ihm erzwingen so die Leute wie das Land.»
  • 59 «Leid ist mir deine Rede,» sprach König Siegmund,
  • «Denn würde diese Märe dort am Rheine kund,
  • Du dürftest nimmer reiten in König Gunthers Land.
  • Gunther und Gernot die sind mir lange bekannt.»
  • 60 «Mit Gewalt erwerben kann Niemand die Magd,»
  • Sprach der König Siegmund, «das ist mir wohl gesagt;
  • Willst du jedoch mit Recken reiten in das Land,
  • Die Freunde, die wir haben, die werden eilends besandt.»
  • 61 «So ist mir nicht zu Muthe,» fiel ihm Siegfried ein,
  • «Daß mir Recken sollten folgen an den Rhein
  • Einer Heerfahrt willen: das wäre mir wohl leid,
  • Sollt ich damit erzwingen diese herrliche Maid.»
  • 62 «Ich will sie schon erwerben allein mit meiner Hand.
  • Ich will mit zwölf Gesellen in König Gunthers Land;
  • Dazu sollt ihr mir helfen, Vater Siegmund.»
  • Da gab man seinen Degen zu Kleidern grau und auch bunt.
  • 63 Da vernahm auch diese Märe seine Mutter Siegelind;
  • Sie begann zu trauern um ihr liebes Kind:
  • Sie bangt’ es zu verlieren durch Die in Gunthers Heer.
  • Die edle Königstochter weinte darüber sehr.
  • 64 Siegfried der Degen gieng hin, wo er sie sah.
  • Wider seine Mutter gütlich sprach er da:
  • «Frau, ihr sollt nicht weinen um den Willen mein:
  • Wohl will ich ohne Sorgen vor allen Weiganden sein.»
  • 65 «Nun helft mir zu der Reise nach Burgundenland,
  • Daß mich und meine Recken ziere solch Gewand,
  • Wie so stolze Degen mit Ehren mögen tragen:
  • Dafür will ich immer den Dank von Herzen euch sagen.»

Abenteuer 3

Wie Siegfried nach Worms kam

Рис.3 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 66 «Ist dir nicht abzurathen,» sprach Frau Siegelind,
  • «So helf ich dir zur Reise, mein einziges Kind,
  • Mit den besten Kleidern, die je ein Ritter trug,
  • Dir und deinen Degen: ihr sollt der haben genug.»
  • 67 Da neigte sich ihr dankend Siegfried der junge Mann.
  • Er sprach: «Nicht mehr Gesellen nehm ich zur Fahrt mir an
  • Als der Recken zwölfe: verseht die mit Gewand.
  • Ich möchte gern erfahren, wie’s um Kriemhild
  • sei bewandt.»
  • 68 Da saßen schöne Frauen über Nacht und Tag,
  • Daß ihrer selten Eine der Muße eher pflag,
  • Bis sie gefertigt hatten Siegfriedens Staat.
  • Er wollte seiner Reise nun mit nichten haben Rath.
  • 69 Sein Vater hieß ihm zieren sein ritterlich Gewand,
  • Womit er räumen wollte König Siegmunds Land.
  • Ihre lichten Panzer die wurden auch bereit
  • Und ihre festen Helme, ihre Schilde schön und breit.
  • 70 Nun sahen sie die Reise zu den Burgunden nahn.
  • Um sie begann zu sorgen beides, Weib und Mann,
  • Ob sie je wiederkommen sollten in das Land.
  • Sie geboten aufzusäumen die Waffen und das Gewand.
  • 71 Schön waren ihre Rosse, ihr Reitzeug goldesroth;
  • Wenn wer sich höher dauchte, so war es ohne Noth,
  • Als der Degen Siegfried und Die ihm unterthan.
  • Nun hielt er um Urlaub zu den Burgunden an.
  • 72 Den gaben ihm mit Trauern König und Königin.
  • Er tröstete sie beide mit minniglichem Sinn
  • Und sprach: «Ihr sollt nicht weinen um den Willen mein:
  • Immer ohne Sorgen mögt ihr um mein Leben sein.»
  • 73 Es war leid den Recken, auch weinte manche Maid;
  • Sie ahnten wohl im Herzen, daß sie es nach der Zeit
  • Noch schwer entgelten müsten durch lieber Freunde Tod.
  • Sie hatten Grund zu klagen, es that ihnen wahrlich Noth.
  • 74 Am siebenten Morgen zu Worms an den Strand
  • Ritten schon die Kühnen; all ihr Gewand
  • War von rothem Golde, ihr Reitzeug wohlbestellt;
  • Ihnen giengen sanft die Rosse, die sich da Siegfried gesellt.
  • 75 Neu waren ihre Schilde, licht dazu und breit,
  • Und schön ihre Helme, als mit dem Geleit
  • Siegfried der kühne ritt in Gunthers Land.
  • Man ersah an Helden nie mehr so herrlich Gewand.
  • 76 Der Schwerter Enden giengen nieder auf die Sporen;
  • Scharfe Spere führten die Ritter auserkoren.
  • Von zweier Spannen Breite war, welchen Siegfried trug;
  • Der hatt an seinen Schneiden grimmer Schärfe genug.
  • 77 Goldfarbne Zäume führten sie an der Hand;
  • Der Brustriem war von Seide: so kamen sie ins Land.
  • Da gafften sie die Leute allenthalben an:
  • Gunthers Mannen liefen sie zu empfangen heran.
  • 78 Die hochbeherzten Recken, Ritter so wie Knecht,
  • Liefen den Herrn entgegen, so war es Fug und Recht,
  • Und begrüßten diese Gäste in ihrer Herren Land;
  • Die Pferde nahm man ihnen und die Schilde von
  • der Hand.
  • 79 Da wollten sie die Rosse ziehn zu ihrer Rast;
  • Da sprach aber Siegfried alsbald, der kühne Gast:
  • «Laßt uns noch die Pferde stehen kurze Zeit:
  • Wir reiten bald von hinnen; dazu bin ich ganz bereit.»
  • 80 «Man soll uns auch die Schilde nicht von dannen tragen;
  • Wo ich den König finde, kann mir das Jemand sagen,
  • Gunther den reichen aus Burgundenland?»
  • Da sagt’ es ihm Einer, dem es wohl war bekannt.
  • 81 «Wollt ihr den König finden, das mag gar leicht geschehn:
  • In jenem weiten Saale hab ich ihn gesehn
  • Unter seinen Helden; da geht zu ihm hinan,
  • So mögt ihr bei ihm finden manchen herrlichen Mann.»
  • 82 Nun waren auch die Mären dem König schon gesagt,
  • Daß auf dem Hofe wären Ritter unverzagt:
  • Sie führten lichte Panzer und herrlich Gewand;
  • Sie erkenne Niemand in der Burgunden Land.
  • 83 Den König nahm es Wunder, woher gekommen sei’n
  • Die herrlichen Recken im Kleid von lichtem Schein
  • Und mit so guten Schilden, so neu und so breit;
  • Das ihm das Niemand sagte, das war König Gunthern leid.
  • 84 Zur Antwort gab dem König von Metz Herr Ortewein;
  • Stark und kühnes Muthes mocht er wohl sein:
  • «Da wir sie nicht erkennen, so heißt Jemand gehn
  • Nach meinem Oheim Hagen: dem sollt ihr sie laßen sehn.»
  • 85 «Ihm sind wohl kund die Reiche und alles fremde Land;
  • Erkennt er die Herren, das macht er uns bekannt.»
  • Der König ließ ihn holen und Die in seinem Lehn:
  • Da sah man ihn herrlich mit Recken hin zu Hofe gehn.
  • 86 Warum nach ihm der König, frug Hagen da, geschickt?
  • «Es werden fremde Degen in meinem Haus erblickt,
  • Die Niemand mag erkennen: habt ihr in fremdem Land
  • Sie wohl schon gesehen? das macht mir, Hagen bekannt.»
  • 87 «Das will ich,» sprach Hagen. Zum Fenster schritt
  • er drauf,
  • Da ließ er nach den Gästen den Augen freien Lauf.
  • Wohl gefiel ihm ihr Geräthe und all ihr Gewand;
  • Doch waren sie ihm fremde in der Burgunden Land.
  • 88 Er sprach, woher die Recken auch kämen an den Rhein,
  • Es möchten selber Fürsten oder Fürstenboten sein.
  • «Schön sind ihre Rosse und ihr Gewand ist gut;
  • Von wannen sie auch ritten, es sind Helden hochgemuth.»
  • 89 Also sprach da Hagen: «Soviel ich mag verstehn,
  • Hab ich gleich im Leben Siegfrieden nie gesehn,
  • So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht,
  • Daß er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht.»
  • 90 «Er bringt neue Mären her in dieses Land:»
  • Die kühnen Nibelungen schlug des Helden Hand,
  • Die reichen Königssöhne Schilbung und Nibelung;
  • Er wirkte große Wunder mit des starken Armes Schwung.
  • 91 «Als der Held alleine ritt aller Hülfe bar,
  • Fand er an einem Berge, so hört ich immerdar,
  • Bei König Niblungs Horte manchen kühnen Mann;
  • Sie waren ihm gar fremde, bis er hier die Kunde gewann.»
  • 92 «Der Hort König Nibelungs ward hervorgetragen
  • Aus einem hohlen Berge: nun hört Wunder sagen,
  • Wie ihn theilen wollten Die Niblung unterthan.»
  • Das sah der Degen Siegfried, den es zu wundern begann.
  • 93 «So nah kam er ihnen, daß er die Helden sah
  • Und ihn die Degen wieder». Der Eine sagte da:
  • «Hier kommt der starke Siegfried, der Held aus
  • Niederland.»
  • Seltsame Abenteuer er bei den Nibelungen fand.
Рис.4 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 94 «Den Recken wohl empfiengen Schilbung und Nibelung.
  • Einhellig baten die edeln Fürsten jung,
  • Daß ihnen theilen möchte den Schatz der kühne Mann:
  • Das begehrten sie, bis endlich ers zu geloben begann.»
  • 95 «Er sah so viel Gesteines, wie wir hören sagen,
  • Hundert Leiterwagen die möchten es nicht tragen,
  • Noch mehr des rothen Goldes von Nibelungenland:
  • Das Alles sollte theilen des kühnen Siegfriedes Hand.»
  • 96 «Sie gaben ihm zum Lohne König Niblungs Schwert:
  • Da wurden sie des Dienstes gar übel gewährt,
  • Den ihnen leisten sollte Siegfried der Degen gut.
  • Er könnt es nicht vollbringen: sie hatten zornigen Muth.»
  • 97 «So must er ungetheilet die Schätze laßen stehn.
  • Da bestanden ihn die Degen in der zwei Könge Lehn:
  • Mit ihres Vaters Schwerte, das Balmung war genannt,
  • Stritt ihnen ab der Kühne den Hort und Nibelungenland»
  • 98 «Da hatten sie zu Freunden kühne zwölf Mann,
  • Die starke Riesen waren: was konnt es sie verfahn?
  • Die erschlug im Zorne Siegfriedens Hand
  • Und siebenhundert Recken zwang er vom Nibelungenland.»
  • 99 «Mit dem guten Schwerte, geheißen Balmung.
  • Vom Schrecken überwältigt war mancher Degen jung
  • Zumal vor dem Schwerte und vor dem kühnen Mann:
  • Das Land mit den Burgen machten sie ihm unterthan.»
  • 100 «Dazu die reichen Könige die schlug er beide todt.
  • Er kam durch Albrichen darauf in große Noth:
  • Der wollte seine Herren rächen allzuhand,
  • Eh er die große Stärke noch an Siegfrieden fand.»
  • 101 «Mit Streit bestehen konnt ihn da nicht der starke Zwerg.
  • Wie die wilden Leuen liefen sie an den Berg,
  • Wo er die Tarnkappe Albrichen abgewann:
  • Da war des Hortes Meister Siegfried der schreckliche
  • Mann.»
  • 102 «Die sich getraut zu fechten, die lagen all erschlagen.
  • Den Schatz ließ er wieder nach dem Berge tragen,
  • Dem ihn entnommen hatten Die Niblung unterthan.
  • Alberich der starke das Amt des Kämmrers gewann.»
  • 103 «Er must ihm Eide schwören, er dien ihm als sein Knecht,
  • Zu aller Art Diensten ward er ihm gerecht.»
  • So sprach von Tronje Hagen: «Das hat der Held gethan;
  • Also große Kräfte nie mehr ein Recke gewann.»
  • 104 «Noch ein Abenteuer ist mir von ihm bekannt:
  • Einen Linddrachen schlug des Helden Hand;
  • Als er im Blut sich badete, ward hörnern seine Haut.
  • So versehrt ihn keine Waffe: das hat man oft an ihm
  • geschaut.»
  • 105 «Man soll ihn wohl empfangen, der beste Rath ist das,
  • Damit wir nicht verdienen des schnellen Recken Haß.
  • Er ist so kühnes Sinnes, man seh ihn freundlich an:
  • Er hat mit seinen Kräften so manche Wunder gethan.»
  • 106 Da sprach der mächtge König: «Gewiss, du redest wahr:
  • Nun sieh, wie stolz er dasteht vor des Streits Gefahr,
  • Dieser kühne Degen und Die in seinem Lehn!
  • Wir wollen ihm entgegen hinab zu dem Recken gehn.»
  • 107 «Das mögt ihr,» sprach da Hagen, «mit allen Ehren
  • schon:
  • Er ist von edelm Stamme eines reichen Königs Sohn;
  • Auch hat er die Gebäre, mich dünkt, beim Herren Christ,
  • Es sei nicht kleine Märe, um die er hergeritten ist.»
  • 108 Da sprach der Herr des Landes: «Nun sei er uns
  • willkommen.
  • Er ist kühn und edel, das hab ich wohl vernommen;
  • Des soll er auch genießen im Burgundenland.»
  • Da gieng der König Gunther hin, wo er Siegfrieden fand.
  • 109 Der Wirth und seine Recken empfiengen so den Mann,
  • Daß wenig an dem Gruße gebrach, den er gewann;
  • Des neigte sich vor ihnen der Degen ausersehn
  • In großen Züchten sah man ihn mit seinen Recken stehn.
  • 110 «Mich wundert diese Märe,» sprach der Wirth zuhand,
  • «Von wannen, edler Siegfried, ihr kamt in dieses Land
  • Oder was ihr wollet suchen zu Worms an dem Rhein?»
  • Da sprach der Gast zum König: «Das soll euch
  • unverhohlen sein.»
  • 111 «Ich habe sagen hören in meines Vaters Land,
  • An euerm Hofe wären, das hätt ich gern erkannt,
  • Die allerkühnsten Recken, so hab ich oft vernommen,
  • Die je gewann ein König: darum bin ich hieher
  • gekommen.»
  • 112 «So hör ich auch euch selber viel Mannheit zugestehn,
  • Man habe keinen König noch je so kühn gesehn.
  • Das rühmen viel der Leute in all diesem Land;
  • Nun kann ichs nicht verwinden, bis ich die Wahrheit
  • befand.»
  • 113 «Ich bin auch ein Recke und soll die Krone tragen:
  • Ich möcht es gerne fügen, daß sie von mir sagen,
  • Daß ich mit Recht besäße die Leute wie das Land.
  • Mein Haupt und meine Ehre setz ich dawider zu Pfand.
  • 114 Wenn ihr denn so kühn seid, wie euch die Sage zeiht,
  • So frag ich nicht, ists Jemand lieb oder leid:
  • Ich will von euch erzwingen, was euch angehört,
  • Das Land und die Burgen unterwerf ich meinem
  • Schwert.»
  • 115 Der König war verwundert und all sein Volk umher,
  • Als sie vernahmen sein seltsam Begehr,
  • Daß er ihm zu nehmen gedächte Leut und Land.
  • Das hörten seine Degen, die wurden zornig zuhand.
  • 116 «Wie sollt ich das verdienen,» sprach Gunther
  • der Degen,
  • «Wes mein Vater lange mit Ehren durfte pflegen,
  • Daß wir das verlören durch Jemands Ueberkraft?
  • Das wäre schlecht bewiesen, daß wir auch pflegen
  • Ritterschaft!»
  • 117 «Ich will davon nicht laßen,» fiel ihm der Kühne drein,
  • «Von deinen Kräften möge dein Land befriedet sein,
  • Ich will es nun verwalten; doch auch das Erbe mein,
  • Erwirbst du es durch Stärke, es soll dir unterthänig sein.»
  • 118 «Dein Erbe wie das meine wir schlagen gleich sie an,
  • Und wer von uns den Andern überwinden kann,
  • Dem soll es alles dienen, die Leute wie das Land.»
  • Dem widersprach da Hagen und mit ihm Gernot
  • zuhand.
  • 119 «So stehn uns nicht die Sinne,» sprach da Gernot,
  • «Nach neuen Lands Gewinne, daß Jemand sollte todt
  • Vor Heldeshänden liegen: reich ist unser Land,
  • Das uns mit Recht gehorsamt, zu Niemand beßer
  • bewandt.»
  • 120 In grimmigem Muthe standen da die Freunde sein.
  • Da war auch darunter von Metz Herr Ortewein.
  • Der Sprach: «Die Sühne ist mir von Herzen leid:
  • Euch ruft der starke Siegfried ohn allen Grund in den
  • Streit.»
  • 121 «Wenn ihr und eure Brüder ihm auch nicht steht zur
  • Wehr,
  • Und ob er bei sich führte ein ganzes Königsheer,
  • So wollt ichs doch erstreiten, daß der starke Held
  • Also hohen Uebermuth, wohl mit Recht bei Seite stellt.»
  • 122 Darüber zürnte mächtig der Held von Niederland:
  • «Nicht wider mich vermeßen darf sich deine Hand:
  • Ich bin ein reicher König, du bist in Königs Lehn;
  • Deiner zwölfe dürften mich nicht im Streite
  • bestehn.»
  • 123 Nach Schwertern rief da heftig von Metz Herr Ortewein:
  • Er durfte Hagens Schwestersohn von Tronje wahrlich
  • sein;
  • Daß er so lang geschwiegen, das war dem König leid.
  • Da sprach zum Frieden Gernot, ein Ritter kühn
  • und allbereit.
  • 124 «Laßt euer Zürnen bleiben,» hub er zu Ortwein an,
  • «Uns hat der edle Siegfried noch solches nicht gethan;
  • Wir scheiden es in Güte wohl noch, das rath ich sehr,
  • Und haben ihn zum Freunde; es geziemt uns wahrlich
  • mehr.»
  • 125 Da sprach der starke Hagen «Uns ist billig leid
  • und all euern Degen, daß er je zum Streit
  • an den Rhein geritten: was ließ er das nicht sein?
  • So übel nie begegnet wären ihm die Herren mein.»
  • 126 Da sprach wieder Siegfried, der kraftvolle Held:
  • «Wenn euch, was ich gesprochen, Herr Hagen, missfällt,
  • So will ich schauen laßen, wie noch die Hände mein
  • Gedenken so gewaltig bei den Burgunden zu sein.»
  • 127 «Das hoff ich noch zu wenden,» sprach da Gernot.
  • Allen seinen Degen zu reden er verbot
  • In ihrem Uebermuthe, was ihm wäre leid.
  • Da gedacht auch Siegfried an die viel herrliche Maid.
  • 128 «Wie geziemt’ uns mit euch zu streiten?» sprach wieder
  • Gernot
  • «Wie viel dabei der Helden auch fielen in den Tod,
  • Wenig Ehre brächt uns so ungleicher Streit.»
  • Die Antwort hielt da Siegfried, König Siegmunds Sohn,
  • bereit:
  • 129 «Warum zögert Hagen und auch Ortewein,
  • Daß er nicht zum Streite eilt mit den Freunden sein,
  • Deren er so manchen bei den Burgunden hat?»
  • Sie blieben Antwort schuldig, das war Gernotens Rath.
  • 130 «Ihr sollt uns willkommen sein,» sprach Geiselher
  • das Kind,
  • «Und eure Heergesellen, die hier bei euch find:
  • Wir wollen gern euch dienen, ich und die Freunde
  • mein.»
  • Da hieß man den Gästen schenken König Gunthers
  • Wein.
  • 131 Da sprach der Wirth des Landes: «Alles, was uns gehört,
  • Verlangt ihr es in Ehren, das sei euch unverwehrt;
  • Wir wollen mit euch theilen unser Gut und Blut.»
  • Da ward dem Degen Siegfried ein wenig sanfter zu Muth.
  • 132 Da ließ man ihnen wahren all ihr Wehrgewand;
  • Man suchte Herbergen, die besten, die man fand:
  • Siegfriedens Knappen schuf man gut Gemach.
  • Man sah den Fremdling gerne in Burgundenland hernach.
  • 133 Man bot ihm große Ehre darauf in manchen Tagen,
  • Mehr zu tausend Malen, als ich euch könnte sagen;
  • Das hatte seine Kühnheit verdient, das glaubt fürwahr.
  • Ihn sah wohl selten Jemand, der ihm nicht gewogen war.
  • 134 Flißen sich der Kurzweil die Könge und ihr Lehn,
  • So war er stäts der Beste, was man auch ließ geschehn.
  • Es konnt ihm Niemand folgen, so groß war seine Kraft,
  • Ob sie den Stein warfen oder schoßen den Schaft.
  • 135 Nach höfscher Sitte ließen sich auch vor den Fraun
  • Der Kurzweile pflegend die kühnen Ritter schaun:
  • Da sah man stäts den Helden gern von Niederland;
  • Er hatt auf hohe Minne seine Sinne gewandt.
  • 136 Die schönen Fraun am Hofe erfragten Märe,
  • Wer der stolze fremde Recke wäre.
  • «Er ist so schön gewachsen, so reich ist sein Gewand!»
  • Da sprachen ihrer Viele: «Das ist der Held von
  • Niederland.»
  • 137 Was man beginnen wollte, er war dazu bereit;
  • Er trug in seinem Sinne eine minnigliche Maid,
  • Und auch nur ihn die Schöne, die er noch nie gesehn,
  • Und die sich doch viel Gutes von ihm schon heimlich
  • versehn.
  • 138 Wenn man auf dem Hofe das Waffenspiel begann,
  • Ritter so wie Knappen, immer sah es an
  • Kriemhild aus den Fenstern, die Königstochter hehr;
  • Keiner andern Kurzweil hinfort bedurfte sie mehr.
  • 139 Und wüst er, daß ihn sähe, die er im Herzen trug,
  • Davon hätt er Kurzweil immerdar genug.
  • Ersähn sie seine Augen, ich glaube sicherlich,
  • Keine andre Freude hier auf Erden wünscht’ er sich.
  • 140 Wenn er bei den Recken auf dem Hofe stand,
  • Wie man noch zur Kurzweil pflegt in allem Land,
  • Wie stand dann so minniglich das Sieglindenkind,
  • Daß manche Frau ihm heimlich war von Herzen hold
  • gesinnt.
  • 141 Er gedacht auch manchmal: «Wie soll das geschehn,
  • Daß ich das edle Mägdlein mit Augen möge sehn,
  • Die ich von Herzen minne, wie ich schon längst gethan?
  • Die ist mir noch gar fremde; mit Trauern denk ich
  • daran.»
  • 142 So oft die reichen Könige ritten in ihr Land,
  • So musten auch die Recken mit ihnen all zur Hand.
  • Auch Siegfried ritt mit ihnen: das war der Frauen leid;
  • Er litt von ihrer Minne auch Beschwer zu mancher Zeit.
  • 143 So wohnt’ er bei den Herren, das ist alles wahr,
  • In König Gunthers Lande völliglich ein Jahr,
  • Daß er die Minnigliche in all der Zeit nicht sah,
  • Durch die ihm bald viel Liebes und auch viel Leides
  • geschah.

Abenteuer 4

Wie Siegfried mit den Sachsen stritt

Рис.5 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 144 Da kamen fremde Mären in König Gunthers Land
  • Durch Boten aus der Ferne ihnen zugesandt
  • Von unbekannten Recken, die ihnen trugen Haß
  • Als sie die Rede hörten, gar sehr betrübte sie das.
  • 145 Die will ich euch nennen: es war Lüdeger
  • Aus der Sachsen Lande, ein mächtger König hehr;
  • Dazu vom Dänenlande der König Lüdegast:
  • Die gewannen zu dem Kriege gar manchen herrlichen
  • Gast.
  • 146 Ihre Boten kamen in König Gunthers Land,
  • Die seine Widersacher hatten hingesandt.
  • Da frug man um die Märe die Unbekannten gleich
  • Und führte bald die Boten zu Hofe vor den König reich.
  • 147 Schön grüßte sie der König und sprach: «Seid
  • willkommen!
  • Wer euch hieher gesendet, hab ich noch nicht
  • vernommen:
  • Das sollt ihr hören laßen,» sprach der König gut.
  • Da bangten sie gewaltig vor des grimmen Gunther Muth.
  • 148 «Wollt ihr uns, Herr, erlauben, daß wir euch Bericht
  • Von unsrer Märe sagen, wir hehlen sie euch nicht.
  • Wir nennen euch die Herren, die uns hieher gesandt:
  • Lüdegast und Lüdeger die suchen heim euer Land.
  • 149 Ihren Zorn habt ihr verdienet: wir vernahmen das
  • Gar wohl, die Herren tragen euch beide großen Haß.
  • Sie wollen heerfahrten gen Worms an den Rhein;
  • Ihnen helfen viel der Degen: laßt euch das zur
  • Warnung sein.»
  • 150 «Binnen zwölf Wochen muß ihre Fahrt geschehn;
  • Habt ihr nun guter Freunde, so laßt es bald ersehn,
  • Die euch befrieden helfen die Burgen und das Land:
  • Hier werden sie verhauen manchen Helm und
  • Schildesrand.»
  • 151 «Oder wollt ihr unterhandeln, so macht es offenbar;
  • So reitet euch so nahe nicht gar manche Schar
  • Eurer starken Feinde zu bitterm Herzeleid,
  • Davon verderben müßen viel der Ritter kühn im Streit.»
  • 152 «Nun harrt eine Weile (ich künd euch meinen Muth),
  • Bis ich mich recht bedachte,» sprach der König gut.
  • «Hab ich noch Getreue, denen will ichs sagen,
  • Diese schwere Botschaft muß ich meinen Freunden
  • klagen.»
  • 153 Dem mächtigen Gunther war es leid genug;
  • Den Botenspruch er heimlich in seinem Herzen trug.
  • Er hieß berufen Hagen und Andr’ in seinem Lehn
  • Und hieß auch gar geschwinde zu Hof nach Gernoten
  • gehn.
  • 154 Da kamen ihm die Besten, so viel man deren fand.
  • Er sprach: «Die Feinde wollen heimsuchen unser Land
  • Mit starken Heerfahrten; das sei euch geklagt.
  • Es ist gar unverschuldet, daß sie uns haben widersagt.»
  • 155 «Dem wehren wir mit Schwertern,» sprach da Gernot,
  • «Da sterben nur, die müßen: die laßet liegen todt.
  • Ich werde nicht vergeßen darum der Ehre mein:
  • Unsre Widersacher sollen uns willkommen sein.»
  • 156 Da sprach von Tronje Hagen: «Das dünkt mich
  • nicht gut;
  • Lüdegast und Lüdeger sind voll Uebermuth.
  • Wir können uns nicht sammeln in so kurzen Tagen,»
  • So sprach der kühne Recke: «ihr sollt es Siegfrieden
  • sagen.»
  • 157 Da gab man den Boten Herbergen in der Stadt.
  • Wie feind sie ihnen waren, sie gut zu pflegen bat
  • Gunther der reiche, das war wohlgethan,
  • Bis er erprobt an Freunden, wer ihm zu Hülfe zög heran.
  • 158 Der König trug im Herzen Sorge doch und Leid.
  • Da sah ihn also trauern ein Ritter allbereit,
  • Der nicht wißen konnte, was ihm war geschehn:
  • Da bat er König Gunthern, ihm den Grund zu gestehn.
  • 159 «Mich nimmt höchlich Wunder,» sprach da Siegfried,
  • «Wie die frohe Weise so völlig von euch schied,
  • Deren ihr so lange mit uns mochtet pflegen.»
  • Zur Antwort gab ihm Gunther, dieser zierliche Degen:
  • 160 «Wohl mag ich allen Leuten nicht von dem Leide sagen,
  • Das ich muß verborgen in meinem Herzen tragen:
  • Stäten Freunden klagen soll man des Herzens Noth.»
  • Siegfriedens Farbe ward da bleich und wieder roth.
  • 161 Er sprach zu dem Könige: «Was blieb euch je versagt?
  • Ich will euch wenden helfen das Leid, das ihr klagt.
  • Wollt ihr Freunde suchen, so will ich einer sein
  • Und getrau es zu vollbringen mit Ehren bis ans Ende
  • mein.»
  • 162 «Nun lohn euch Gott, Herr Siegfried, die Rede dünkt
  • mich gut;
  • Und kann mir auch nicht helfen eure Kraft und hoher
  • Muth,
  • So freut mich doch die Märe, daß ihr so hold mir seid:
  • Leb ich noch eine Weile, ich vergelt es mit der Zeit.
  • 163 Ich will euch hören laßen, was mich traurig macht.
  • Von Boten meiner Feinde ward mir hinterbracht,
  • Mit Heerfahrten kämen sie mich zu suchen hie:
  • Das geschah uns von Degen in diesen Landen noch nie.»
  • 164 «Das laßt euch nicht betrüben,» sprach da Siegfried,
  • «Sänftet eur Gemüthe und thut, wie ich euch rieth:
  • Laßt mich euch erwerben Ehre so wie Frommen,
  • Bevor eure Feinde her zu diesen Landen kommen.»
  • 165 «Und hätten dreißigtausend Helfer sich ersehn
  • Eure starken Feinde, doch wollt ich sie bestehn,
  • Hätt ich auch selbst nur tausend: verlaßt euch auf mich.»
  • Da sprach der König Gunther: «Das verdien ich stäts
  • um dich.»
  • 166 «So heißt mir eurer Leute gewinnen tausend Mann,
  • Da ich von den Meinen nicht mehr hier stellen kann
  • Als der Recken zwölfe; so wehr ich euer Land.
  • Immer soll getreulich euch dienen Siegfriedens Hand.»
  • 167 «Dazu soll Hagen helfen und auch Ortewein,
  • Dankwart und Sindold, die lieben Recken dein.
  • Auch soll da mit uns reiten Volker der kühne Mann:
  • Der soll die Fahne führen: keinen Beßern trefft ihr an.»
  • 168 «Und laßt die Boten reiten heim in ihrer Herren Land;
  • Daß sie uns bald da sehen, macht ihnen das bekannt,
  • So daß unsre Burgen befriedet mögen sein.»
  • Der König hieß besenden Freund und Mannen insgemein.
  • 169 Zu Hofe giengen wieder Die Lüdeger gesandt;
  • Sie freuten sich der Reise zurück ins Heimatland.
  • Ihnen bot da reiche Gabe Gunther der König gut
  • Und sicheres Geleite: des waren sie wohlgemuth.
  • 170 «Nun sagt,» sprach da Gunther, «meinen starken
  • Feinden an,
  • Ihre Reise bliebe beßer ungethan;
  • Doch wollten sie mich suchen hier in meinem Land,
  • Wir zerrännen denn die Freunde, ihnen werde Noth
  • bekannt.»
  • 171 Den Boten reiche Gaben man da zur Stelle trug:
  • Deren hatte Gunther zu geben genug.
  • Das durften nicht verschmähen Die Lüdeger gesandt.
  • Sie baten um Urlaub und räumten fröhlich das Land.
  • 172 Als die Boten waren gen Dänemark gekommen,
  • Und der König Lüdegast den Bericht vernommen,
  • Was sie am Rhein geredet, als das ihm ward gesagt,
  • Seine übermüthge Botschaft ward da bereut und beklagt.
  • 173 Sie sagten ihm, sie hätten manch kühnen Mann im Lehn:
  • «Darunter sah man Einen vor König Gunthern stehn,
  • Der war geheißen Siegfried, ein Held aus Niederland.»
  • Leid wars Lüdegasten, als er die Dinge so befand.
  • 174 Als Die vom Dänenlande hörten diese Mär,
  • Da eilten sie, der Helfer zu gewinnen desto mehr,
  • Bis der König Lüdegast zwanzigtausend Mann
  • Seiner kühnen Degen zu seiner Heerfahrt gewann.
  • 175 Da besandte sich von Sachsen auch König Lüdeger,
  • Bis sie vierzigtausend hatten und wohl mehr,
  • Die mit ihnen ritten gen Burgundenland.
  • Da hatt auch schon zu Hause der König Gunther gesandt
  • 176 Zu seinen nächsten Freunden und seiner Brüder Heer,
  • Womit sie fahren wollten im Kriegszug einher,
  • Und auch mit Hagens Recken: das that den Helden
  • Noth.
  • Darum musten Degen bald erschauen den Tod.
  • 177 Sie schickten sich zur Reise; sie wollten nun hindann.
  • Die Fahne muste führen Volker der kühne Mann,
  • Da sie reiten wollten von Worms über Rhein;
  • Hagen von Tronje der muste Scharmeister sein.
  • 178 Mit ihnen ritt auch Sindold und der kühne Hunold,
  • Die wohl verdienen konnten reicher Könge Gold.
  • Dankwart, Hagens Bruder, und auch Ortewein
  • Die mochten wohl mit Ehren bei dem Heerzuge sein.
  • 179 «Herr König,» sprach da Siegfried, «bleibet ihr zu Haus:
  • Da mir eure Degen folgen zu dem Strauß,
  • So weilt bei den Frauen und tragt hohen Muth:
  • Ich will euch wohl behüten die Ehre so wie das Gut.»
  • 180 «Die euch heimsuchen wollten zu Worms an dem Rhein,
  • Will euch davor bewahren, daß sie euch schädlich sei’n:
  • Wir wollen ihnen reiten so nah ins eigne Land,
  • Daß ihnen bald in Sorge der Uebermuth wird gewandt.»
  • 181 Vom Rheine sie durch Hessen mit ihren Helden ritten
  • Nach dem Sachsenlande: da wurde bald gestritten.
  • Mit Raub und mit Brande verheerten sie das Land,
  • Daß bald den Fürsten beiden ward Noth und Sorge
  • bekannt.
  • 182 Sie kamen an die Marke; die Knechte rückten an.
  • Siegfried der starke zu fragen da begann:
  • «Wer soll nun der Hüter des Gesindes sein?»
  • Wohl konnte nie den Sachsen ein Heerzug übler gedeihn.
  • 183 Sie sprachen: «Laßt der Knappen hüten auf den Wegen
  • Dankwart den kühnen, das ist ein schneller Degen:
  • Wir verlieren desto minder durch Die in Lüdgers Lehn;
  • Laßt ihn mit Ortweinen hie die Nachhut versehn.»
  • 184 «So will ich selber reiten,» sprach Siegfried der Degen,
  • «Den Feinden gegenüber der Warte zu pflegen,
  • Bis ich recht erkunde, wo die Recken sind.»
  • Da stand bald in den Waffen der schönen Siegelinde Kind.
  • 185 Das Volk befahl er Hagen, als er zog hindann,
  • Ihm und Gernoten, diesem kühnen Mann.
  • So ritt er hin alleine in der Sachsen Land,
  • Wo er die rechte Märe wohl bald mit Ehren befand.
  • 186 Er sah ein groß Geschwader, das auf dem Felde zog,
  • Und die Kraft der Seinen gewaltig überwog:
  • Es waren vierzigtausend oder wohl noch mehr.
  • Siegfried in hohem Muthe sah gar fröhlich das Heer.
  • 187 Da hatte sich ein Recke auch aus der Feinde Schar
  • Erhoben auf die Warte, der wohl gewappnet war:
  • Den sah der Degen Siegfried und ihn der kühne Mann;
  • Jedweder auf den andern mit Zorn zu blicken begann.
  • 188 Ich sag euch, wer der wäre, der hier der Warte pflag;
  • Ein lichter Schild von Golde ihm vor der Linken lag.
  • Es war der König Lüdegast, der hütete sein Heer.
  • Der edle Fremdling sprengte herrlich wider ihn einher.
  • 189 Nun hatt auch ihn Herr Lüdegast sich feindlich erkoren:
  • Ihre Rosse reizten Beide zur Seite mit den Sporen;
  • Sie neigten auf die Schilde mit aller Macht den Schaft:
  • Da kam der hehre König darob in großer Sorgen Haft.
  • 190 Dem Stich gehorsam trugen die Rosse pfeilgeschwind
  • Die Könige zusammen, als wehte sie der Wind;
  • Dann mit den Zäumen wandten sie ritterlich zurück:
  • Die grimmen Zwei versuchten da mit dem Schwerte
  • das Glück.
  • 191 Da schlug der Degen Siegfried, das Feld erscholl umher.
  • Aus dem Helme stoben, als obs von Bränden wär,
  • Die feuerrothen Funken von des Helden Hand;
  • Da stritt mit großen Kräften der kühne Vogt von
  • Niederland.
  • 192 Auch ihm schlug Herr Lüdegast manch grimmen Schlag;
  • Jedweder auf dem Schilde mit ganzer Stärke lag.
  • Da hatten es wohl dreißig erspäht aus seiner Schar:
  • Eh die ihm Hülfe brachten, der Sieg doch Siegfrieden war
  • 193 Mit drei starken Wunden, die er dem König schlug
  • Durch einen lichten Harnisch; der war doch fest genug.
  • Das Schwert mit seiner Schärfe entlockte Wunden Blut;
  • Da gewann König Lüdegast einen traurigen Muth.
  • 194 Er bat ihn um sein Leben und bot ihm all sein Land
  • Und sagt’ ihm, er wäre Lüdegast genannt.
  • Da kamen seine Recken: die hatten wohl gesehn,
  • Was da von ihnen beiden auf der Warte war geschehn.
  • 195 Er führt’ ihn gern von dannen: da ward er angerannt
  • Von dreißig seiner Mannen; doch wehrte seine Hand
  • Seinen edeln Geisel mit ungestümen Schlägen.
  • Bald that noch größern Schaden dieser zierliche Degen.
  • 196 Die Dreißig zu Tode wehrlich er schlug;
  • Ihrer Einen ließ er leben: der ritt da schnell genug
  • Und brachte hin die Märe von dem, was hier geschehn;
  • Auch konnte man die Wahrheit an seinem rothen
  • Helme sehn.
  • 197 Gar leid wars den Recken aus dem Dänenland,
  • Als ihres Herrn Gefängniss ihnen ward bekannt.
  • Man sagt’ es seinem Bruder: der fieng zu toben an
  • In ungestümem Zorne: ihm war gar wehe gethan.
  • 198 Lüdegast der König war hinweggebracht
  • Zu Gunthers Ingesinde von Siegfrieds Uebermacht.
  • Er befahl ihn Hagen: der kühne Recke gut,
  • Als er vernahm die Märe, da gewann er fröhlichen Muth.
  • 199 Man gebot den Burgunden: «Die Fahne bindet an.»
  • «Wohlauf,» sprach da Siegfried, «hier wird noch
  • mehr gethan
  • Vor Abendzeit, verlier ich Leben nicht und Leib:
  • Das betrübt im Sachsenlande noch manches waidliche
  • Weib.»
  • 200 «Ihr Helden vom Rheine, ihr sollt mein nehmen wahr:
  • Ich kann euch wohl geleiten zu Lüdegers Schar.
  • Da seht ihr Helme hauen von guter Helden Hand:
  • Eh wir uns wieder wenden, wird ihnen Sorge bekannt.»
  • 201 Zu den Rossen sprangen Gernot und Die ihm unterthan.
  • Die Heerfahne faßte der kühne Spielmann,
  • Volker der Degen, und ritt der Schar vorauf.
  • Da war auch das Gesinde zum Streite muthig und
  • wohlauf.
  • 202 Sie führten doch der Degen nicht mehr denn tausend
  • Mann,
  • Darüber zwölf Recken. Zu stieben da begann
  • Der Staub von den Straßen: sie ritten über Land;
  • Man sah von ihnen scheinen manchen schönen
  • Schildesrand.
  • 203 Nun waren auch die Sachsen gekommen und ihr Heer
  • Mit Schwertern wohlgewachsen; die Klingen schnitten
  • sehr,
  • Das hab ich wohl vernommen, den Helden an der Hand:
  • Da wollten sie die Gäste von Burgen wehren und Land.
  • 204 Der Herren Scharmeister führten das Volk heran.
  • Da war auch Siegfried kommen mit den zwölf Mann,
  • Die er mit sich führte aus dem Niederland.
  • Des Tags sah man im Sturme manche blutige Hand.
  • 205 Sindold und Hunold und auch Gernot
  • Die schlugen in dem Streite viel der Helden todt,
  • Eh sie ihrer Kühnheit noch selber mochten traun:
  • Das musten bald beweinen viel der waidlichen Fraun.
  • 206 Volker und Hagen und auch Ortwein
  • Leschten in dem Streite manches Helmes Schein
  • Mit fließendem Blute, die Kühnen in der Schlacht.
  • Von Dankwarten wurden viel große Wunder vollbracht.
  • 207 Da versuchten auch die Dänen waidlich ihre Hand;
  • Von Stößen laut erschallte mancher Schildesrand
  • Und von den scharfen Schwertern, womit man Wunden
  • schlug.
  • Die streitkühnen Sachsen thaten Schadens auch genug.
  • 208 Als die Burgunden drangen in den Streit,
  • Von ihnen ward gehauen manche Wunde weit:
  • Ueber die Sättel fließen sah man das Blut;
  • So warben um die Ehre diese Ritter kühn und gut.
  • 209 Man hörte laut erhallen den Helden an der Hand
  • Ihre scharfen Waffen, als Die von Niederland
  • Ihrem Herrn nachdrangen in die dichten Reihn;
  • Die zwölfe kamen ritterlich zugleich mit Siegfried hinein.
  • 210 Deren vom Rheine kam ihnen Niemand nach.
  • Man konnte fließen sehen den blutrothen Bach
  • Durch die lichten Helme von Siegfriedens Hand,
  • Eh er Lüdegeren vor seinen Heergesellen fand.
  • 211 Dreimal die Kehre hat er nun genommen
  • Bis an des Heeres Ende; da war auch Hagen kommen:
  • Der half ihm wohl vollbringen im Kampfe seinen Muth.
  • Da muste bald ersterben vor ihnen mancher Ritter gut.
  • 212 Als der starke Lüdeger Siegfrieden fand,
  • Wie er so erhaben trug in seiner Hand
  • Balmung den guten und da so Manchen schlug,
  • Darüber ward der Kühne vor Zorn ingrimmig genug.
  • 213 Da gab es stark Gedränge und lauten Schwerterklang,
  • Wo ihr Ingesinde auf einander drang.
  • Da versuchten desto heftiger die beiden Recken sich;
  • Die Scharen wichen beide: der Kämpen Haß ward
  • fürchterlich.
  • 214 Dem Vogt vom Sachsenlande war es wohl bekannt,
  • Sein Bruder sei gefangen: drum war er zornentbrannt;
  • Nicht wust er, ders vollbrachte, sei der Sieglindensohn.
  • Man zeihte des Gernoten; hernach befand er es schon.
  • 215 Da schlug so starke Schläge Lüdegers Schwert,
  • Siegfrieden unterm Sattel niedersank das Pferd;
  • Doch bald erhob sichs wieder: der kühne Siegfried auch
  • Gewann jetzt im Sturme einen furchtbaren Brauch.
  • 216 Dabei half ihm Hagen wohl und Gernot,
  • Dankwart und Volker: da lagen Viele todt.
  • Sindold und Hunold und Ortwein der Degen
  • Die konnten in dem Streite zum Tode Manchen
  • niederlegen.
  • 217 Untrennbar im Kampfe waren die Fürsten hehr.
  • Ueber die Helme fliegen sah man manchen Sper
  • Durch die lichten Schilde von der Helden Hand;
  • Auch ward von Blut geröthet mancher herrliche Rand.
  • 218 In dem starken Sturme sank da mancher Mann
  • Von den Rossen nieder. Einander rannten an
  • Siegfried der kühne und König Lüdeger;
  • Man sah da Schäfte fliegen und manchen schneidigen Sper.
  • 219 Der Schildbeschlag des Königs zerstob vor Siegfrieds
  • Hand.
  • Sieg zu erwerben dachte der Held von Niederland
  • An den kühnen Sachsen; die litten Ungemach.
  • Hei! was da lichte Panzer der kühne Dankwart zerbrach!
  • 220 Da hatte König Lüdeger auf einem Schild erkannt
  • Eine gemalte Krone vor Siegfriedens Hand:
  • Da sah er wohl, es wäre der kraftreiche Mann.
  • Laut auf zu seinen Freunden der Held zu rufen begann:
  • 221 «Begebt euch des Streites, ihr all mir unterthan!
  • Den Sohn König Siegmunds traf ich hier an,
  • Siegfried den starken hab ich hier erkannt;
  • Den hat der üble Teufel her zu den Sachsen gefandt.»
  • 222 Er gebot die Fahnen zu senken in dem Streit.
  • Friedens er begehrte: der ward ihm nach der Zeit;
  • Doch must er Geisel werden in König Gunthers Land:
  • Das hatt an ihm erzwungen des kühnen Siegfriedes Hand.
  • 223 Nach allgemeinem Rathe ließ man ab vom Streit.
  • Viel zerschlagner Helme und der Schilde weit
  • Legten sie aus Händen; so viel man deren fand,
  • Die waren blutgeröthet von der Burgunden Hand.
  • 224 Sie fiengen, wen sie wollten: sie hatten volle Macht.
  • Gernot und Hagen, die schnellen, hatten Acht,
  • Daß man die Wunden bahrte; da führten sie hindann
  • Gefangen nach dem Rheine der Kühnen fünfhundert
  • Mann.
  • 225 Die sieglosen Recken zum Dänenlande ritten.
  • Da hatten auch die Sachsen so tapfer nicht gestritten,
  • Daß man sie loben sollte: das war den Helden leid.
  • Da beklagten ihre Freunde die Gefallnen in dem Streit.
  • 226 Sie ließen ihre Waffen aufsäumen nach dem Rhein.
  • Es hatte wohl geworben mit den Gefährten sein
  • Siegfried der starke und hatt es gut vollbracht:
  • Das must ihm zugestehen König Gunthers ganze Macht.
  • 227 Gen Worms sandte Boten der König Gernot:
  • Daheim in seinem Lande den Freunden er entbot,
  • Wie ihm gelungen wäre und all seinem Lehn:
  • Es war da von den Kühnen nach allen Ehren geschehn.
  • 228 Die Botenknaben liefen; so ward es angesagt.
  • Da freuten sich in Liebe, die eben Leid geklagt,
  • Dieser frohen Märe, die ihnen war gekommen.
  • Da ward von edlen Frauen großes Fragen vernommen,
  • 229 Wie es den Herrn gelungen wär in des Königs Heer.
  • Man rief der Boten Einen zu Kriemhilden her.
  • Das geschah verstohlen, sie durfte es wohl nicht laut:
  • Denn Einer war darunter, dem sie längst ihr Herz vertraut.
  • 230 Als sie in ihre Kammer den Boten kommen sah,
  • Kriemhild die schöne gar gütlich sprach sie da:
  • «Nun sag mir liebe Märe, so geb ich dir mein Gold,
  • Und thust dus ohne Trügen, will ich dir immer bleiben
  • hold.»
  • 231 «Wie schied aus dem Streite mein Bruder Gernot
  • Und meine andern Freunde? Blieb uns nicht Mancher
  • todt?
  • Wer that da das Beste? das sollst du mir sagen»
  • Da sprach der biedre Bote: «Wir hatten nirgend einen
  • Zagen.»
  • 232 «Zuvorderst in dem Streite ritt Niemand so wohl,
  • Hehre Königstochter, wenn ich es sagen soll,
  • Als der edle Fremdling aus dem Niederland:
  • Da wirkte große Wunder des kühnen Siegfriedes Hand.»
  • 233 «Was von den Recken allen im Streit da geschehn,
  • Dankwart und Hagen und des Königs ganzem Lehn,
  • Wie wehrlich sie auch stritten, das war doch wie ein Wind
  • Nur gegen Siegfrieden, König Siegmundens Kind.»
  • 234 «Sie haben in dem Sturme der Helden viel erschlagen;
  • Doch möcht euch dieser Wunder ein Ende Niemand
  • sagen,
  • Die da Siegfried wirkte, ritt er in den Streit.
  • Den Fraun an ihren Freunden that er mächtiges Leid.»
  • 235 «Auch muste vor ihm fallen der Friedel mancher Braut.
  • Seine Schläge schollen auf Helmen also laut,
  • Daß sie aus Wunden brachten das fließende Blut:
  • Er ist in allen Dingen ein Ritter kühn und auch gut.»
  • 236 «Da hat auch viel begangen von Metz Herr Ortewein:
  • Was er nur mocht erlangen mit dem Schwerte sein,
  • Das fiel vor ihm verwundet oder meistens todt.
  • Da schuf euer Bruder die allergrößeste Noth,»
  • 237 «Die jemals in Stürmen mochte sein geschehn;
  • Man muß dem Auserwählten die Wahrheit zugestehn.
  • Die stolzen Burgunden bestanden so die Fahrt,
  • Daß sie vor allen Schanden die Ehre haben bewahrt.»
  • 238 «Man sah von ihren Händen der Sättel viel geleert,
  • Als so laut das Feld erhallte von manchem lichten
  • Schwert.
  • Die Recken vom Rheine die ritten allezeit,
  • Daß ihre Feinde beßer vermieden hätten den Streit.»
  • 239 «Auch die kühnen Tronjer schufen großes Leid,
  • Als mit Volkskräften das Heer sich traf im Streit.
  • Da schlug so Manchen nieder des kühnen Hagen Hand,
  • Es wäre viel zu sagen davon in der Burgunden Land.»
  • 240 «Sindold und Hunold in Gernotens Heer
  • Und Rumold der kühne schufen so viel Beschwer,
  • König Lüdger mag es beklagen allezeit,
  • Daß er meine Herren am Rhein berief in den Streit.»
  • 241 «Kampf, den allerhöchsten, der irgend da geschah,
  • Vom Ersten bis zum Letzten, den Jemand nur sah,
  • Hat Siegfried gefochten mit wehrlicher Hand:
  • Er bringt reiche Geisel her in König Gunthers Land.»
  • 242 «Die zwang mit seinen Kräften der streitbare Held,
  • Wovon der König Lüdegast den Schaden nun behält
  • Und vom Sachsenlande sein Bruder Lüdeger.
  • Nun hört meine Märe, viel edle Königin hehr!»
  • 243 «Gefangen hat sie beide Siegfriedens Hand:
  • Nie so mancher Geisel kam in dieses Land,
  • Als nun seine Kühnheit bringt an den Rhein.»
  • Ihr konnten diese Mären nicht willkommener sein.
  • 244 «Man führt der Gesunden fünfhundert oder mehr
  • Und der zum Sterben Wunden, wißt, Königin hehr,
  • Wohl achtzig blutge Bahren her in unser Land:
  • Die hat zumeist verhauen des kühnen Siegfriedes Hand.»
  • 245 «Die uns im Uebermuthe widersagten hier am Rhein,
  • Die müßen nun Gefangene König Gunthers sein;
  • Die bringt man mit Freuden her in dieses Land.»
  • Ihre lichte Farb erblühte, als ihr die Märe ward bekannt.
  • 246 Ihr schönes Antlitz wurde vor Freuden rosenroth,
  • Da lebend war geschieden aus so großer Noth
  • Der waidliche Recke, Siegfried der junge Mann.
  • Sie war auch froh der Freunde und that wohl weislich
  • daran.
  • 247 Die Schöne sprach: «Du machtest mir frohe Mär
  • bekannt:
  • Ich laße dir zum Lohne geben reich Gewand,
  • Und zehn Mark von Golde heiß ich dir tragen.»
  • Drum mag man solche Botschaft reichen Frauen gerne
  • sagen.
  • 248 Man gab ihm zum Lohne das Gold und auch das Kleid.
  • Da trat an die Fenster manche schöne Maid
  • Und schaute nach der Straße, wo man reiten fand
  • Viel hochherzge Degen in der Burgunden Land.
  • 249 Da kamen die Gesunden, der Wunden Schar auch kam:
  • Die mochten grüßen hören von Freunden ohne Scham.
  • Der Wirth ritt seinen Gästen entgegen hocherfreut:
  • Mit Freuden war beendet all sein mächtiges Leid.
  • 250 Da empfieng er wohl die Seinen, die Fremden auch
  • zugleich,
  • Wie es nicht anders ziemte dem Könige reich,
  • Als denen gütlich danken, die da waren kommen,
  • Daß sie den Sieg mit Ehren im Sturme hatten genommen.
  • 251 Herr Gunther ließ sich Kunde von seinen Freunden sagen,
  • Wer ihm auf der Reise zu Tode wär erschlagen,
  • Da hatt er nicht verloren mehr als sechzig Mann;
  • Die muste man verschmerzen, wie man noch Manchen
  • gethan.
  • 252 Da brachten die Gesunden zerhauen manchen Rand
  • Und viel zerschlagener Helme in König Gunthers Land.
  • Das Volk sprang von den Rossen vor des Königs Saal;
  • Zu liebem Empfange vernahm man fröhlichen Schall.
  • 253 Da gab man Herbergen den Recken in der Stadt.
  • Der König seine Gäste wohl zu verpflegen bat;
  • Die Wunden ließ er hüten und warten fleißiglich.
  • Wohl zeigte seine Milde auch an seinen Feinden sich.
  • 254 Er sprach zu Lüdegeren: «Nun seid mir willkommen!
  • Ich bin zu großem Schaden durch eure Schuld
  • gekommen:
  • Der wird mir nun vergolten, wenn ich das schaffen kann.
  • Gott lohne meinen Freunden: sie haben wohl an mir
  • gethan.»
  • 255 «Wohl mögt ihr ihnen danken,» sprach da Lüdeger,
  • «Solche hohe Geisel gewann kein König mehr.
  • Um ritterlich Gewahrsam bieten wir großes Gut
  • Und bitten, daß ihr gnädiglich an euern Widersachern
  • thut.»
  • 256 «Ich will euch,» sprach er, «Beide ledig laßen gehn;
  • Nur daß meine Feinde hier bei mir bestehn,
  • Dafür verlang ich Bürgschaft, damit sie nicht mein Land
  • Räumen ohne Frieden.» Darauf boten sie die Hand.
  • 257 Man brachte sie zur Ruhe, wo man sie wohl verpflag.
  • Und bald auf guten Betten mancher Wunde lag.
  • Man schenkte den Gesunden Meth und guten Wein;
  • Da konnte das Gesinde nicht wohl fröhlicher sein.
  • 258 Die zerhaunen Schilde man zum Verschluße trug;
  • Blutgefärbter Sättel sah man da genug.
  • Die ließ man verbergen, so weinten nicht die Fraun.
  • Da waren reisemüde viel gute Ritter zu schaun.
  • 259 Seiner Gäste pflegen hieß der König wohl;
  • Von Heimischen und Fremden lag das Land ihm voll;
  • Er ließ die Fährlichwunden gütlich verpflegen:
  • Wie hart war darnieder nun ihr Uebermuth gelegen!
  • 260 Die Arzneikunst wusten, denen bot man reichen Sold,
  • Silber ungewogen, dazu das lichte Gold,
  • Wenn sie die Helden heilten nach des Streites Noth.
  • Dazu viel große Gaben der König seinen Gästen bot.
  • 261 Wer wieder heimzureisen sann in seinem Muth,
  • Den bat man noch zu bleiben, wie man mit Freunden
  • thut.
  • Der König gieng zu Rathe, wie er lohne seinem Lehn:
  • Durch sie war sein Wille nach allen Ehren geschehn.
  • 262 Da sprach der König Gernot: «Laßt sie jetzt hindann;
  • Ueber sechs Wochen, das kündigt ihnen an,
  • Sollten sie wiederkehren zu einem Hofgelag:
  • Heil ist dann wohl Mancher, der jetzt schwer
  • verwundet lag.»
  • 263 Da bat auch um Urlaub Siegfried von Niederland.
  • Als dem König Gunther sein Wille ward bekannt,
  • Bat er ihn gar minniglich, noch bei ihm zu bestehn;
  • Wenn nicht um seine Schwester, so wär es nimmer
  • geschehn.
  • 264 Dazu war er zu mächtig, daß man ihm böte Sold,
  • So sehr er es verdiente. Der König war ihm hold
  • Und all seine Freunde, die das mit angesehn,
  • Was da von seinen Händen war im Streite geschehn.
  • 265 Er dachte noch zu bleiben um die schöne Maid;
  • Vielleicht, daß er sie sähe. Das geschah auch nach
  • der Zeit:
  • Wohl nach seinem Wunsche ward sie ihm bekannt.
  • Dann ritt er reich an Freuden heim in seines Vaters Land.
  • 266 Der Wirth bat alle Tage des Ritterspiels zu pflegen;
  • Das that mit gutem Willen mancher junge Degen.
  • Auch ließ er Sitz’ errichten vor Worms an dem Strand
  • Für Die da kommen sollten in der Burgunden Land.
  • 267 Nun hatt auch in den Tagen, als sie sollten kommen,
  • Kriemhild die schöne die Märe wohl vernommen,
  • Er stell ein Hofgelage mit lieben Freunden an.
  • Da dachten schöne Frauen mit großem Fleiße daran,
  • 268 Gewand und Band zu suchen, das sie wollten tragen.
  • Ute die reiche vernahm die Märe sagen
  • Von den stolzen Recken, die da sollten kommen:
  • Da wurden aus dem Einschlag viele reiche Kleider
  • genommen.
  • 269 Ihrer Kinder halb bereiten ließ sie Rock und Kleid,
  • Womit sich da zierten viel Fraun und manche Maid
  • Und viel der jungen Recken aus Burgundenland.
  • Sie ließ auch manchem Fremden bereiten herrlich
  • Gewand.

Abenteuer 5

Wie Siegfried Kriemhilden zuerst ersah

Рис.6 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 270 Man sah die Helden täglich nun reiten an den Rhein,
  • Die bei dem Hofgelage gerne wollten sein
  • Und den Königen zu Liebe kamen in das Land.
  • Man gab ihrer Vielen beides, Ross und Gewand.
  • 271 Es war auch das Gestühle allen schon bereit,
  • Den Höchsten und den Besten, so hörten wir Bescheid,
  • Zweiunddreißig Fürsten zu dem Hofgelag:
  • Da zierten um die Wette sich die Frauen für den Tag.
  • 272 Gar geschäftig sah man Geiselher das Kind.
  • Die Heimischen und Fremden empfieng er holdgesinnt
  • Mit Gernot seinem Bruder und beider Mannen da.
  • Wohl grüßten sie die Degen, wie es nach Ehren geschah.
  • 273 Viel goldrother Sättel führten sie ins Land,
  • Zierliche Schilde und herrlich Gewand
  • Brachten sie zu Rheine bei dem Hofgelag.
  • Mancher Ungesunde hieng der Freude wieder nach.
  • 274 Die wund zu Bette liegend vordem gelitten Noth,
  • Die durften nun vergeßen, wie bitter sei der Tod;
  • Die Siechen und die Kranken vergaß man zu beklagen.
  • Es freute sich ein Jeder entgegen festlichen Tagen:
  • 275 Wie sie da leben wollten in gastlichem Genuß!
  • Wonnen ohne Maßen, der Freuden Ueberfluß
  • Hatten alle Leute, so viel man immer fand:
  • Da hub sich große Wonne über Gunthers ganzes Land.
  • 276 An einem Pfingstmorgen sah man sie alle gehn
  • Wonniglich gekleidet, viel Degen ausersehn,
  • Fünftausend oder drüber, dem Hofgelag entgegen.
  • Da hub um die Wette sich viel Kurzweil allerwegen.
  • 277 Der Wirth hatt im Sinne, was er schon längst erkannt,
  • Wie von ganzem Herzen der Held von Niederland
  • Seine Schwester liebe, sah er sie gleich noch nie,
  • Der man das Lob der Schönheit vor allen Jungfrauen lieh.
  • 278 Er sprach: «Nun rathet Alle, Freund oder Unterthan,
  • Wie wir das Hofgelage am besten stellen an,
  • Daß man uns nicht schelte darum nach dieser Zeit;
  • Zuletzt doch an den Werken liegt das Lob, das man
  • uns beut.»
  • 279 Da sprach zu dem Könige von Metz Herr Ortewein:
  • «Soll dieß Hofgelage mit vollen Ehren sein,
  • So laßt eure Gäste die schönen Kinder sehn,
  • Denen so viel Ehren in Burgundenland geschehn.»
  • 280 «Was wäre Mannes Wonne, was freut’ er sich zu schaun,
  • Wenn nicht schöne Mägdelein und herrliche Fraun?
  • Drum laßt eure Schwester vor die Gäste gehn.»
  • Der Rath war manchem Helden zu hoher Freude
  • geschehn.
  • 281 «Dem will ich gerne folgen,» der König sprach da so.
  • Alle, die’s erfuhren, waren darüber froh.
  • Er entbot es Frauen Uten und ihrer Tochter schön,
  • Daß sie mit ihren Maiden hin zu Hofe sollten gehn.
  • 282 Da ward aus den Schreinen gesucht gut Gewand,
  • So viel man eingeschlagen der lichten Kleider fand,
  • Der Borten und der Spangen; des lag genug bereit.
  • Da zierte sich gar minniglich manche waidliche Maid.
  • 283 Mancher junge Recke wünschte heut so sehr,
  • Daß er wohlgefallen möchte den Frauen hehr,
  • Das er dafür nicht nähme ein reiches Königsland:
  • Sie sahen die gar gerne, die sie nie zuvor gekannt.
  • 284 Da ließ der reiche König mit seiner Schwester gehn
  • Hundert seiner Recken, zu ihrem Dienst ersehn
  • Und dem ihrer Mutter, die Schwerter in der Hand:
  • Das war das Hofgesinde in der Burgunden Land.
  • 285 Ute die reiche sah man mit ihr kommen,
  • Die hatte schöner Frauen sich zum Geleit genommen
  • Hundert oder drüber, geschmückt mit reichem Kleid.
  • Auch folgte Kriemhilden manche waidliche Maid.
  • 286 Aus einer Kemenate sah man sie alle gehn:
  • Da muste heftig Drängen von Helden bald geschehn,
  • Die alle harrend standen, ob es möchte sein,
  • Daß sie da fröhlich sähen dieses edle Mägdelein.
  • 287 Da kam die Minnigliche, wie das Morgenroth
  • Tritt aus trüben Wolken. Da schied von mancher Noth,
  • Der sie im Herzen hegte, was lange war geschehn.
  • Er sah die Minnigliche nun gar herrlich vor sich stehn.
  • 288 Von ihrem Kleide leuchtete mancher edle Stein;
  • Ihre rosenrothe Farbe gab wonniglichen Schein.
  • Was Jemand wünschen mochte, er muste doch gestehn,
  • Daß er hier auf Erden noch nicht so Schönes gesehn.
  • 289 Wie der lichte Vollmond vor den Sternen schwebt,
  • Des Schein so hell und lauter sich aus den Wolken hebt,
  • So glänzte sie in Wahrheit vor andern Frauen gut:
  • Das mochte wohl erhöhen den zieren Helden den Muth.
  • 290 Die reichen Kämmerlinge schritten vor ihr her;
  • Die hochgemuthen Degen ließen es nicht mehr:
  • Sie drängten, daß sie sähen die minnigliche Maid.
  • Siegfried dem Degen war es lieb und wieder leid.
  • 291 Er sann in seinem Sinne: «Wie dacht ich je daran,
  • Daß ich dich minnen sollte? das ist ein eitler Wahn;
  • Soll ich dich aber meiden, so wär ich sanfter todt.»
  • Er ward von Gedanken oft bleich und oft wieder roth.
  • 292 Da sah man den Sigelindensohn so minniglich da stehn,
  • Als wär er entworfen auf einem Pergamen
  • Von guten Meisters Händen: gern man ihm zugestand,
  • Daß man nie im Leben so schönen Helden noch fand.
  • 293 Die mit Kriemhilden giengen, die hießen aus den Wegen
  • Allenthalben weichen: dem folgte mancher Degen.
  • Die hochgetragnen Herzen freute man sich zu schaun:
  • Man sah in hohen Züchten viel der herrlichen Fraun.
  • 294 Da sprach von Burgunden der König Gernot:
  • «Dem Helden, der so gütlich euch seine Dienste bot,
  • Gunther, lieber Bruder, dem bietet hier den Lohn
  • Vor allen diesen Recken: des Rathes spricht man mir
  • nicht Hohn.»
  • 295 «Heißet Siegfrieden zu meiner Schwester kommen,
  • Daß ihn das Mägdlein grüße: das bringt uns immer
  • Frommen:
  • Die niemals Recken grüßte, soll sein mit Grüßen pflegen,
  • Daß wir uns so gewinnen diesen zierlichen Degen.»
  • 296 Des Wirthes Freunde giengen dahin, wo man ihn fand;
  • Sie sprachen zu dem Recken aus dem Niederland:
  • «Der König will erlauben, ihr sollt zu Hofe gehn,
  • Seine Schwester soll euch grüßen: die Ehre soll euch
  • geschehn.»
  • 297 Der Rede ward der Degen in seinem Muth erfreut:
  • Er trug in seinem Herzen Freude sonder Leid,
  • Daß er der schönen Ute Tochter sollte sehn.
  • In minniglichen Züchten empfieng sie Siegfrieden schön.
  • 298 Als sie den Hochgemuthen vor sich stehen sah,
  • Ihre Farbe ward entzündet; die Schöne sagte da:
  • «Willkommen, Herr Siegfried, ein edler Ritter gut.»
  • Da ward ihm von dem Gruße gar wohl erhoben
  • der Muth.
  • 299 Er neigte sich ihr minniglich, als er den Dank ihr bot.
  • Da zwang sie zu einander sehnender Minne Noth;
  • Mit liebem Blick der Augen sahn einander an
  • Der Held und auch das Mägdelein; das ward verstohlen
  • gethan.
  • 300 Ward da mit sanftem Drucke geliebkost weiße Hand
  • In herzlicher Minne, das ist mir unbekannt.
  • Doch kann ich auch nicht glauben, sie hättens nicht
  • gethan.
  • Liebebedürftige Herzen thäten Unrecht daran.
  • 301 Zu des Sommers Zeiten und in des Maien Tagen
  • Durft er in seinem Herzen nimmer wieder tragen
  • So viel hoher Wonne, als er da gewann,
  • Da die ihm an der Hand gieng, die der Held zu minnen
  • sann.
  • 302 Da gedachte mancher Recke: «Hei! wär mir so geschehn,
  • Daß ich so bei ihr gienge, wie ich ihn gesehn,
  • Oder bei ihr läge! das nähm ich willig hin.»
  • Es diente nie ein Recke so gut noch einer Königin.
  • 303 Aus welchen Königs Landen ein Gast gekommen war,
  • Er nahm im ganzen Saale nur dieser beiden wahr.
  • Ihr ward erlaubt zu küssen den waidlichen Mann:
  • Ihm ward in seinem Leben nie so Liebes gethan.
  • 304 Von Dänemark der König hub an und sprach zur Stund:
  • «Des hohen Grußes willen liegt gar Mancher wund,
  • Wie ich wohl hier gewahre, von Siegfriedens Hand:
  • Gott laß ihn nimmer wieder kommen in der Dänen
  • Land.»
  • 305 Da hieß man allenthalben weichen aus den Wegen
  • Kriemhild der Schönen; manchen kühnen Degen
  • Sah man wohlgezogen mit ihr zur Kirche gehn.
  • Bald ward von ihr geschieden dieser Degen ausersehn.
  • 306 Da gieng sie zu dem Münster und mit ihr viel der Fraun.
  • Da war in solcher Zierde die Königin zu schaun,
  • Daß da hoher Wünsche mancher ward verloren;
  • Sie war zur Augenweide viel der Recken auserkoren.
  • 307 Kaum erharrte Siegfried, bis schloß der Messgesang;
  • Er mochte seinem Heile des immer sagen Dank,
  • Daß ihm so gewogen war, die er im Herzen trug:
  • Auch war er der Schönen nach Verdiensten hold genug.
  • 308 Als sie aus dem Münster nach der Messe kam,
  • Lud man wieder zu ihr den Helden lobesam.
  • Da begann ihm erst zu danken die minnigliche Maid,
  • Daß er vor allen Recken so kühn gefochten im Streit.
  • 309 «Nun lohn euch Gott, Herr Siegfried,» sprach
  • das schöne Kind,
  • «Daß ihr das verdientet, daß euch die Recken sind
  • So hold mit ganzer Treue, wie sie zumal gestehn.»
  • Da begann er Frau Kriemhilden minniglich anzusehn.
  • 310 «Stäts will ich ihnen dienen,» sprach Stegfried
  • der Degen,
  • «Und will mein Haupt nicht eher zur Ruhe niederlegen,
  • Bis ihr Wunsch geschehen, so lang mein Leben währt:
  • Das thu ich, Frau Kriemhild, daß ihr mir Minne
  • gewährt.»
  • 311 Innerhalb zwölf Tagen, so oft es neu getagt,
  • Sah man bei dem Degen die wonnigliche Magd,
  • So sie zu Hofe durfte vor ihren Freunden gehn.
  • Der Dienst war dem Recken aus großer Liebe geschehn.
  • 312 Freude und Wonne und lauten Schwerterschall
  • Vernahm man alle Tage vor König Gunthers Saal,
  • Davor und darinnen von manchem kühnen Mann.
  • Von Ortwein und Hagen wurden Wunder viel gethan.
  • 313 Was man zu üben wünschte, dazu sah man bereit
  • In völligem Maße die Degen kühn im Streit.
  • Da machten vor den Gästen die Recken sich bekannt;
  • Es war eine Zierde König Gunthers ganzem Land.
  • 314 Die lange wund gelegen, wagten sich an den Wind:
  • Sie wollten kurzweilen mit des Königs Ingesind,
  • Schirmen mit den Schilden und schießen manchen
  • Schaft.
  • Des halfen ihnen Viele; sie hatten größliche Kraft.
  • 315 Bei dem Hofgelage ließ sie der Wirth verpflegen
  • Mit der besten Speise; es durfte sich nicht regen
  • Nur der kleinste Tadel, der Fürsten mag entstehn;
  • Man sah ihn jetzo freundlich hin zu seinen Gästen gehn.
  • 316 Er sprach: «Ihr guten Recken, bevor ihr reitet hin,
  • So nehmt meine Gaben: also fleht mein Sinn,
  • Ich will euch immer danken; verschmäht nicht mein Gut:
  • Es unter euch zu theilen hab ich willigen Muth.»
  • 317 Die vom Dänenlande sprachen gleich zur Hand:
  • «Bevor wir wieder reiten heim in unser Land,
  • Gewährt uns stäten Frieden: das ist uns Recken noth;
  • Uns sind von euern Degen viel der lieben Freunde todt.»
  • 318 Genesen von den Wunden war Lüdegast derweil;
  • Der Vogt des Sachsenlandes war bald vom Kampfe heil.
  • Etliche Todte ließen sie im Land.
  • Da gieng der König Gunther hin, wo er Siegfrieden fand.
  • 319 Er sprach zu dem Recken: «Nun rath mir, wie ich thu.
  • Unsre Gäste wollen reiten morgen fruh
  • Und gehn um stäte Sühne mich und die Meinen an:
  • Nun rath, kühner Degen, was dich dünke wohlgethan.»
  • 320 «Was mir die Herrn bieten, das will ich dir sagen:
  • Was fünfhundert Mähren an Gold mögen tragen,
  • Das bieten sie mir gerne für ihre Freiheit an.»
  • Da sprach aber Siegfried: «Das wär übel gethan.»
  • 321 «Ihr sollt sie beide ledig von hinnen laßen ziehn;
  • Nur daß die edeln Recken sich hüten fürderhin
  • Vor feindlichem Reiten her in euer Land,
  • Laßt euch zu Pfande geben der beiden Könige Hand.»
  • 322 «Dem Rathe will ich folgen.» So giengen sie hindann.
  • Seinen Widersachern ward es kundgethan,
  • Des Golds begehre Niemand, das sie geboten eh.
  • Daheim den lieben Freunden war nach
  • den heermüden weh.
  • 323 Viel Schilde schatzbeladen trug man da herbei:
  • Das theilt’ er ungewogen seinen Freunden frei,
  • An fünfhundert Marken und Manchem wohl noch mehr;
  • Gernot rieth es Gunthern, dieser Degen kühn und hehr.
  • 324 Um Urlaub baten alle, sie wollten nun hindann.
  • Da kamen die Gäste vor Kriemhild heran
  • Und dahin auch, wo Frau Ute saß, die Königin.
  • Es zogen nie mehr Degen so wohl beurlaubt dahin.
  • 325 Die Herbergen leerten sich, als sie von dannen ritten.
  • Doch verblieb im Lande mit herrlichen Sitten
  • Der König mit den Seinen und mancher edle Mann:
  • Die giengen alle Tage zu Frau Kriemhild heran.
  • 326 Da wollt auch Urlaub nehmen Siegfried der gute Held,
  • Verzweifelnd zu erwerben, worauf sein Sinn gestellt.
  • Der König hörte sagen, er wolle nun hindann:
  • Geiselher der junge ihn von der Reise gewann.
  • 327 «Wohin, edler Siegfried, wohin reitet ihr?
  • Hört meine Bitte, bleibt bei den Recken hier,
  • Bei Gunther dem König und bei seinem Lehn:
  • Hier sind viel schöne Frauen, die läßt man euch
  • gerne sehn.»
  • 328 Da sprach der starke Siegfried: «So laßt die Rosse stehn.
  • Von hinnen wollt ich reiten, das laß ich mir vergehn.
  • Tragt auch hinweg die Schilde: wohl wollt ich in mein
  • Land:
  • Davon hat mich Herr Geiselher mit großen Treuen
  • gewandt.»
  • 329 So verblieb der Kühne dem Freund zu Liebe dort.
  • Auch wär ihm in den Landen an keinem andern Ort
  • So wohl als hier geworden: daher es nun geschah,
  • Daß er alle Tage die schöne Kriemhild ersah.
  • 330 Ihrer hohen Schönheit willen der Degen da verblieb.
  • Mit mancher Kurzweile man nun die Zeit vertrieb;
  • Nur zwang ihn ihre Minne, die schuf ihm oftmals Noth;
  • Darum hernach der Kühne lag zu großem Jammer todt.

Abenteuer 6

Wie Gunther um Brunhild gen Isenland fuhr

Рис.7 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 331 Wieder neue Märe erhob sich über Rhein:
  • Man sagte sich, da wäre manch schönes Mägdelein.
  • Sich eins davon zu werben sann König Gunthers Muth.
  • Das dauchte seine Recken und die Herren alle gut.
  • 332 Es war eine Königin geseßen über Meer,
  • Ihr zu vergleichen war keine andre mehr.
  • Schön war sie aus der Maßen, gar groß war ihre Kraft;
  • Sie schoß mit schnellen Degen um ihre Minne den Schaft.
  • 333 Den Stein warf sie ferne, nach dem sie weithin sprang;
  • Wer ihrer Minne gehrte, der muste sonder Wank
  • Drei Spiel’ ihr abgewinnen, der Frauen wohlgeboren;
  • Gebrach es ihm an Einem, so war das Haupt ihm verloren.
  • 334 Die Königstochter hatte das manchesmal gethan.
  • Das erfuhr am Rheine ein Ritter wohlgethan.
  • Der seine Sinne wandte auf das schöne Weib.
  • Drum musten bald viel Degen verlieren Leben und Leib.
  • 335 Als einst mit seinen Leuten saß der König hehr,
  • Ward es von allen Seiten berathen hin und her,
  • Welche ihr Herr sich sollte zum Gemahl erschaun,
  • Die er zum Weibe wollte und dem Land geziemte
  • zur Fraun.
  • 336 Da sprach der Vogt vom Rheine: «Ich will an die See
  • Hin zu Brunhilden, wie es mir ergeh.
  • Um ihre Minne wag ich Leben und Leib,
  • Die will ich verlieren, gewinn ich nicht sie zum Weib.»
  • 337 «Das möcht ich widerrathen,» sprach Siegfried
  • wider ihn:
  • «So grimmiger Sitte pflegt die Königin,
  • Um ihre Minne werben, das kommt hoch zu stehn:
  • Drum mögt ihrs wohl entrathen, auf diese Reise
  • zu gehn.»
  • 338 Da sprach der König Gunther: «Ein Weib ward noch nie
  • So stark und kühn geboren, im Streit wollt ich sie
  • Leichtlich überwinden allein mit meiner Hand.»
  • «Schweigt,» sprach da Siegfried, «sie ist euch noch
  • unbekannt.»
Рис.8 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 339 «Und wären eurer viere, die könnten nicht gedeihn
  • Vor ihrem grimmen Zorne: drum laßt den Willen sein,
  • Das rath ich euch in Treuen: entgeht ihr gern dem Tod,
  • So macht um ihre Minne euch nicht vergebliche Noth.»
  • 340 «Sei sie so stark sie wolle, die Reise muß ergehn
  • Hin zu Brunhilden, mag mir was will geschehn.
  • Ihrer hohen Schönheit willen gewagt muß es sein:
  • Vielleicht daß Gott mir füget, daß sie uns folgt
  • an den Rhein.»
  • 341 «So will ich euch rathen,» begann da Hagen,
  • «Bittet Siegfrieden, mit euch zu tragen
  • Die Last dieser Sorge; das ist der beste Rath,
  • Weil er von Brunhilden so gute Kunde doch hat.»
  • 342 Er sprach: «Viel edler Siegfried, willst du mir Helfer sein
  • Zu werben um die Schöne? Thu nach der Bitte mein;
  • Und gewinn ich mir zur Trauten das herrliche Weib,
  • So verwag ich deinetwillen Ehre, Leben und Leib.»
  • 343 Zur Antwort gab ihm Siegfried, König Siegmunds Sohn:
  • «Ich will es thun, versprichst du die Schwester mir
  • zum Lohn,
  • Kriemhild die schöne, eine Königin hehr:
  • So begehr ich keines Dankes nach meinen Arbeiten
  • mehr.»
  • 344 «Das gelob ich,» sprach Gunther, «Siegfried,
  • dir an die Hand.
  • Und kommt die schöne Brunhild hieher in dieses Land,
  • So will ich dir zum Weibe meine Schwester geben:
  • So magst du mit der Schönen immer in Freuden leben.»
  • 345 Des schwuren sich Eide diese Recken hehr.
  • Da schuf es ihnen beiden viel Müh und Beschwer,
  • Eh sie die Wohlgethane brachten an den Rhein.
  • Es musten die Kühnen darum in großen Sorgen sein.
  • 346 Von wilden Gezwergen hab ich hören sagen,
  • Daß sie in hohlen Bergen wohnen und Schirme tragen,
  • Die heißen Tarnkappen, von wunderbarer Art;
  • Wer sie am Leibe trage, der sei gar wohl darin bewahrt
  • 347 Vor Schlägen und vor Stichen; ihn mög auch Niemand
  • sehn,
  • So lang er drin verweile; hören doch und spähn
  • Mag er nach feinem Willen, daß Niemand ihn erschaut;
  • Ihm wachsen auch die Kräfte, wie uns die Märe vertraut.
  • 348 Die Tarnkappe führte Siegfried mit hindann,
  • Die der kühne Degen mit Sorgen einst gewann
  • Von einem Gezwerge mit Namen Alberich.
  • Da schickten sich zur Reise Recken kühn und ritterlich.
  • 349 Wenn der starke Siegfried die Tarnkappe trug,
  • So gewann er drinnen der Kräfte genug,
  • Zwölf Männer Stärke, so wird uns gesagt.
  • Er erwarb mit großen Listen diese herrliche Magd.
  • 350 Auch war so beschaffen die Nebelkappe gut,
  • Ein Jeder mochte drinnen thun nach seinem Muth,
  • Was er immer wollte, daß ihn doch Niemand sah.
  • Damit gewann er Brunhild, durch die ihm bald viel Leid
  • geschah.
  • 351 «Nun sage mir, Siegfried, eh unsre Fahrt gescheh,
  • Wie wir mit vollen Ehren kommen über See?
  • Sollen wir Ritter führen in Brunhildens Land?
  • Dreißigtausend Degen die werden eilends besandt.»
  • 352 «Wie viel wir Volkes führten,» sprach Siegfried wider ihn,
  • «So grimmiger Sitte pflegt die Königin,
  • Das müste doch ersterben vor ihrem Uebermuth.
  • Ich will euch beßer rathen, Degen ihr kühn und gut.»
  • 353 «In Reckenweise fahren laßt uns zu Thal den Rhein.
  • Die will ich euch nennen, die das sollen sein:
  • Zu uns zwein noch zweie und Niemand anders mehr,
  • Daß wir die Frau erwerben, was auch geschehe nachher.»
  • 354 «Der Gesellen bin ich einer, du sollst der andre sein,
  • Und Hagen sei der dritte: wir mögen wohl gedeihn;
  • Der vierte das sei Dankwart, dieser kühne Mann.
  • Es dürfen Andrer tausend zum Streite nimmer
  • uns nahn.»
  • 355 «Die Märe wüst ich gerne,» der König sprach da so,
  • «Eh wir von hinnen führen, des wär ich herzlich froh,
  • Was wir für Kleider sollten vor Brunhilden tragen,
  • Die uns geziemen möchten: Siegfried, das sollst
  • du mir sagen.»
  • 356 «Gewand das allerbeste, das man irgend fand,
  • Trägt man zu allen Zeiten in Brunhildens Land:
  • Drum laß uns reiche Kleider vor der Frauen tragen,
  • Daß wirs nicht Schande haben, hört man künftig
  • von uns sagen.»
  • 357 Da sprach der gute Degen: «So will ich selber gehn
  • Zu meiner lieben Mutter, ob es nicht mag geschehn,
  • Daß ihre schönen Mägde uns schaffen solch Gewand,
  • Das wir mit Ehren tragen in der hehren Jungfrau Land.»
  • 358 Da Sprach von Tronje Hagen mit herrlichen Sitten:
  • «Was wollt ihr eure Mutter um solche Dienste bitten?
  • Laßt eure Schwester hören euern Sinn und Muth:
  • Die ist so kunstreich, unsre Kleider werden gut.»
  • 359 Da entbot er seiner Schwester, er wünsche sie zu sehn
  • Und auch der Degen Siegfried. Eh sie das ließ geschehn,
  • Da hatte sich die Schöne geschmückt mit reichem Kleid.
  • Daß die Herren kamen, schuf ihr wenig Herzeleid.
  • 360 Da war auch ihr Gesinde geziert nach seinem Stand.
  • Die Fürsten kamen beide; als sie das befand,
  • Erhob sie sich vom Sitze: wie höfisch sie da gieng,
  • Als sie den edeln Fremdling und ihren Bruder empfieng!
  • 361 «Willkommen sei mein Bruder und der Geselle sein.
  • Nun möcht ich gerne wissen,» Sprach das Mägdelein,
  • «Was euch Herrn geliebe, daß ihr zu Hofe kommt:
  • Laßt mich doch hören, was euch edeln Recken frommt.»
  • 362 Da sprach König Gunther: «Frau, ich wills euch sagen.
  • Wir müßen große Sorge bei hohem Muthe tragen:
  • Wir wollen werben reiten fern in fremdes Land
  • Und hätten zu der Reise gerne zierlich Gewand.»
  • 363 «Nun sitzt, lieber Bruder,» sprach das Königskind,
  • «Und laßt mich erst erfahren, Wer die Frauen sind,
  • Die ihr begehrt zu minnen in fremder Könge Land.»
  • Die Auserwählten beide nahm das Mägdlein
  • bei der Hand:
  • 364 Hin gieng sie mit den Beiden, wo sie geseßen war
  • Auf prächtgen Ruhebetten, das glaubt mir fürwahr,
  • Mit eingewirkten Bildern, in Gold wohl erhaben.
  • Sie mochten bei der Frauen gute Kurzweile haben.
  • 365 Freundliche Blicke und gütliches Sehn,
  • Des mochte von den Beiden da wohl viel geschehn.
  • Er trug sie in dem Herzen, sie war ihm wie sein Leben.
  • Er erwarb mit großem Dienste, daß sie ihm ward
  • zu Weib gegeben.
  • 366 Da sprach der edle König: «Viel liebe Schwester mein,
  • Ohne deine Hülfe kann es nimmer sein.
  • Wir wollen abenteuern in Brunhildens Land;
  • Da müßen wir vor Frauen tragen herrlich Gewand.»
  • 367 Da sprach die Königstochter: «Viel lieber Bruder mein,
  • Kann euch an meiner Hülfe dabei gelegen sein,
  • So sollt ihr inne werden, ich bin dazu bereit;
  • Versagte sie ein Andrer euch, das wäre Kriemhilden leid.
  • 368 „Ihr sollt mich, edler Ritter, nicht in Sorgen bitten,
  • Ihr sollt nur gebieten mit herrlichen Sitten:
  • Was euch gefallen möge, dazu bin ich bereit
  • Und thus mit gutem Willen,“ sprach die wonnigliche
  • Maid.
  • 369 „Wir wollen, liebe Schwester, tragen gut Gewand:
  • Das soll bereiten helfen eure weiße Hand.
  • Laßt eure Mägdlein sorgen, daß es uns herrlich steht,
  • Da man uns diese Reise doch vergebens widerräth.“
  • 370 Da begann die Jungfrau: „Nun hört, was ich sage,
  • Wir haben selber Seide: befehlt, daß man uns trage
  • Gestein auf den Schilden, so schaffen wir das Kleid,
  • Das ihr mit Ehren traget vor der herrlichen Maid.“
  • 371 „Wer sind die Gesellen,“ sprach die Königin,
  • „Die mit euch gekleidet zu Hofe sollen ziehn?“
  • „Das bin ich selbvierter; noch Zwei aus meinem Lehn,
  • Dankwart und Hagen, sollen mit uns zu Hofe gehn.
  • 372 „Nun merkt, liebe Schwester, wohl, was wir euch sagen:
  • Sorgt, daß wir vier Gesellen zu vier Tagen tragen
  • Je der Kleider dreierlei und also gut Gewand,
  • Daß wir ohne Schande räumen Brunhildens Land.“
  • 373 Das gelobte sie den Recken; die Herren schieden hin.
  • Da berief der Jungfraun Kriemhild die Königin
  • Aus ihrer Kemenate dreißig Mägdelein,
  • Die gar sinnreich mochten zu solcher Kunstübung sein.
  • 374 In arabische Seide, so weiß als der Schnee,
  • Und gute Zazamanker, so grün als der Klee,
  • Legten sie Gesteine: das gab ein gut Gewand;
  • Kriemhild die schöne schnitts mit eigener Hand.
  • 375 Von seltner Fische Häuten Bezüge wohlgethan,
  • Zu schauen fremd den Leuten, so viel man nur gewann,
  • Bedeckten sie mit Seide: darein ward Gold getragen:
  • Man mochte große Wunder von den lichten Kleidern
  • sagen.
  • 376 Aus dem Land Marocco und auch von Libya
  • Der allerbesten Seide, die man jemals sah
  • Königskinder tragen, der hatten sie genug.
  • Wohl ließ sie Kriemhild schauen, wie sie Liebe für sie trug.
  • 377 Da sie so theure Kleider begehrt zu ihrer Fahrt,
  • Hermelinfelle wurden nicht gespart,
  • Darauf von Kohlenschwärze mancher Flecken lag:
  • Das trügen schnelle Helden noch gern bei einem Hofgelag.
  • 378 Aus arabischem Golde glänzte mancher Stein;
  • Der Frauen Unmuße war nicht zu klein.
  • Sie schufen die Gewände in sieben Wochen Zeit;
  • Da war auch ihr Gewaffen den guten Degen bereit.
  • 379 Als sie gerüstet standen, sah man auf dem Rhein
  • Fleißiglich gezimmert ein starkes Schiffelein,
  • Das sie da tragen sollte hernieder an die See.
  • Den edeln Jungfrauen war von Arbeiten weh.
  • 380 Da sagte man den Recken, es sei für sie zur Hand,
  • Das sie tragen sollten, das zierliche Gewand.
  • Was sie erbeten hatten, das war nun geschehn;
  • Da wollten sie nicht länger mehr am Rheine bestehn.
  • 381 Zu den Heergesellen ein Bote ward gesandt,
  • Ob sie schauen wollten ihr neues Gewand,
  • Ob es den Helden wäre zu kurz oder lang.
  • Es war von rechtem Maße; des sagten sie den Frauen
  • Dank.
  • 382 Vor wen sie immer kamen, die musten all gestehn,
  • Sie hätten nie auf Erden schöner Gewand gesehn.
  • Drum mochten sie es gerne da zu Hofe tragen;
  • Von beßerm Ritterstaate wuste Niemand mehr zu sagen.
  • 383 Den edeln Maiden wurde höchlich Dank gesagt.
  • Da baten um Urlaub die Recken unverzagt;
  • In ritterlichen Züchten thaten die Herren das.
  • Da wurden lichte Augen getrübt von Weinen und naß.
  • 384 Sie sprach: „Viel lieber Bruder, ihr bliebet beßer hier
  • Und würbt andre Frauen: klüger schien’ es mir,
  • Wo ihr nicht wagen müstet Leben und Leib.
  • Ihr fändet in der Nähe wohl ein so hochgeboren Weib.“
  • 385 Sie ahnten wohl im Herzen ihr künftig Ungemach.
  • Sie musten alle weinen, was da auch Einer sprach.
  • Das Gold vor ihren Brüsten ward von Thränen fahl;
  • Die fielen ihnen dichte von den Augen zuthal.
  • 386 Da sprach sie: „Herr Siegfried, laßt euch befohlen sein
  • Auf Treu und auf Gnade den lieben Bruder mein,
  • Daß ihn nichts gefährde in Brunhildens Land.“
  • Das versprach der Kühne Frau Kriemhilden in die Hand.
  • 387 Da sprach der edle Degen: „So lang mein Leben währt,
  • So bleibt von allen Sorgen, Herrin, unbeschwert;
  • Ich bring ihn euch geborgen wieder an den Rhein.
  • Das glaubt bei Leib und Leben.“ Da dankt’ ihm schön
  • das Mägdelein.
  • 388 Die goldrothen Schilde trug man an den Strand
  • Und schaffte zu dem Schiffe all ihr Rüstgewand;
  • Ihre Rosse ließ man bringen: sie wollten nun hindann.
  • Wie da von schönen Frauen so großes Weinen begann!
  • 389 Da stellte sich ins Fenster manch minnigliches Kind.
  • Das Schiff mit seinem Segel ergriff ein hoher Wind.
  • Die stolzen Heergesellen saßen auf dem Rhein;
  • Da sprach der König Gunther: „Wer soll nun
  • Schiffmeister sein?“
  • 390 „Das will ich,“ sprach Siegfried: „ich kann euch
  • auf der Flut
  • Wohl von hinnen führen, das wißt, Helden gut;
  • Die rechten Wasserstraßen sind mir wohl bekannt.“
  • So schieden sie mit Freuden aus der Burgunden Land.
  • 391 Eine Ruderstange Siegfried ergriff;
  • Vom Gestade schob er kräftig das Schiff.
  • Gunther der kühne ein Ruder selber nahm.
  • Da huben sich vom Lande die schnellen Ritter lobesam.
  • 392 Sie führten reichlich Speise, dazu guten Wein,
  • Den besten, den sie finden mochten um den Rhein.
  • Ihre Rosse standen still in guter Ruh;
  • Das Schiff gieng so eben, kein Ungemach stieß ihnen zu.
  • 393 Ihre starken Segelseile streckte die Luft mit Macht;
  • Sie fuhren zwanzig Meilen, eh niedersank die Nacht,
  • Mit günstigem Winde nieder nach der See;
  • Ihr starkes Arbeiten that noch schönen Frauen weh.
  • 394 An dem zwölften Morgen, wie wir hören sagen,
  • Da hatten sie die Winde weit hinweggetragen
  • Nach Isenstein der Veste in Brunhildens Land,
  • Das ihrer Keinem außer Siegfried bekannt.
  • 395 Als der König Gunther so viel der Burgen sah
  • Und auch der weiten Marken, wie bald sprach er da:
  • „Nun sagt mir, Freund Siegfried, ist euch das bekannt?
  • Wem sind diese Burgen und wem das herrliche Land?
  • 396 "Ich hab all mein Leben, das muß ich wohl gestehn,
  • So wohlgebauter Burgen nie so viel gesehn
  • Irgend in den Landen, als wir hier ersahn;
  • Der sie erbauen konnte, war wohl ein mächtiger Mann."
  • 397 Zur Antwort gab ihm Siegfried: "Das ist mir
  • wohlbekannt;
  • Brunhilden sind sie, die Burgen wie das Land
  • Und Isenstein die Veste, glaubt mir fürwahr:
  • Da mögt ihr heute schauen schöner Frauen große Schar.
  • 398 "Ich will euch Helden rathen: seid all von einem Muth
  • Und sprecht in gleichem Sinne, so dünkt es mich gut.
  • Denn wenn wir heute vor Brunhilden gehn,
  • So müßen wir in Sorgen vor der Königstochter stehn.
  • 399 "Wenn wir die Minnigliche bei ihren Leuten sehn,
  • Sollt ihr erlauchte Helden nur Einer Rede stehn:
  • Gunther sei mein Lehnsherr und ich ihm unterthan;
  • So wird ihm sein Verlangen nach seinem Wunsche
  • gethan."
  • 400 Sie waren all willfährig zu thun, wie er sie hieß:
  • In seinem Uebermuthe es auch nicht Einer ließ.
  • Sie sprachen, wie er wollte; wohl frommt’ es ihnen da,
  • Als der König Gunther die schöne Brunhild ersah.
  • 401 "Wohl thu ichs nicht so gerne dir zu lieb allein,
  • Als um deine Schwester, das schöne Mägdelein.
  • Die ist mir wie die Seele und wie mein eigner Leib;
  • Ich will es gern verdienen, daß sie werde mein Weib."

Abenteuer 7

Wie Gunther Brunhilden gewann

Рис.9 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 402 Ihr Schifflein unterdessen war auf dem Meer
  • Zur Burg heran gefloßen: da sah der König hehr
  • Oben in den Fenstern manche schöne Maid.
  • Daß er sie nicht erkannte, das war in Wahrheit ihm leid.
  • 403 Er fragte Siegfrieden, den Gesellen sein:
  • "Hättet ihr wohl Kunde um diese Mägdelein,
  • Die dort hernieder schauen nach uns auf die Flut?
  • Wie ihr Herr auch heiße, so tragen sie hohen Muth."
  • 404 Da sprach der kühne Siegfried: "Nun sollt ihr heimlich
  • spähn
  • Nach den Jungfrauen und sollt mir dann gestehn,
  • Welche ihr nehmen wolltet, wär euch die Wahl verliehn."
  • "Das will ich," sprach Gunther, dieser Ritter schnell
  • und kühn.
  • 405 "So schau ich ihrer Eine in jenem Fenster an,
  • Im schneeweißen Kleide, die ist so wohlgethan:
  • Die wählen meine Augen, so schön ist sie von Leib.
  • Wenn ich gebieten dürfte, sie müste werden mein Weib."
  • 406 "Dir hat recht erkoren deiner Augen Schein:
  • Es ist die edle Brunhild, das schöne Mägdelein,
  • Nach der das Herz dir ringet, der Sinn und auch der Muth."
  • All ihr Gebaren dauchte König Gunthern gut.
  • 407 Da hieß die Königstochter von den Fenstern gehn
  • Die minniglichen Maide: sie sollten da nicht stehn
  • Zum Anblick für die Fremden; sie folgten unverwandt.
  • Was da die Frauen thaten, das ist uns auch wohl bekannt.
  • 408 Sie zierten sich entgegen den unkunden Herrn,
  • Wie es immer thaten schöne Frauen gern.
  • Dann an die engen Fenster traten sie heran,
  • Wo sie die Helden sahen: das ward aus Neugier gethan.
  • 409 Nur ihrer Viere waren, die kamen in das Land.
  • Siegfried der kühne ein Ross zog auf den Strand.
  • Das sahen durch die Fenster die schönen Frauen an:
  • Große Ehre dauchte sich König Gunther gethan.
  • 410 Er hielt ihm bei dem Zaume das zierliche Ross,
  • Das war gut und stattlich, stark dazu und groß,
  • Bis der König Gunther fest im Sattel saß.
  • Also dient’ ihm Siegfried, was er hernach doch ganz
  • vergaß.
  • 411 Dann zog er auch das seine aus dem Schiff heran:
  • Er hatte solche Dienste gar selten sonst gethan,
  • Daß er am Steigreif Helden gestanden wär.
  • Das sahen durch die Fenster die schönen Frauen hehr.
  • 412 Es war in gleicher Weise den Helden allbereit
  • Von schneeblanker Farbe das Ross und auch das Kleid,
  • Dem einen wie dem andern, und schön der Schilde Rand:
  • Die warfen hellen Schimmer an der edeln Recken Hand.
  • 413 Ihre Sättel wohlgesteinet, die Brustriemen schmal:
  • So ritten sie herrlich vor Brunhildens Saal;
  • Daran hiengen Schellen von lichtem Golde roth.
  • Sie kamen zu dem Lande, wie ihr Hochsinn gebot,
  • 414 Mit Speren neu geschliffen, mit wohlgeschaffnem
  • Schwert,
  • Das bis auf die Sporen gieng den Helden werth.
  • Die Wohlgemuthen führten es scharf genug und breit.
  • Das alles sah Brunhild, diese herrliche Maid.
  • 415 Mit ihnen kam auch Dankwart und sein Bruder Hagen:
  • Diese beide trugen, wie wir hören sagen,
  • Von rabenschwarzer Farbe reichgewirktes Kleid;
  • Neu waren ihre Schilde, gut, dazu auch lang und breit.
  • 416 Von India dem Lande trugen sie Gestein,
  • Das warf an ihrem Kleide auf und ab den Schein.
  • Sie ließen unbehütet das Schifflein bei der Flut;
  • So ritten nach der Veste diese Helden kühn und gut.
  • 417 Sechsundachtzig Thürme sahn sie darin zumal,
  • Drei weite Pfalzen und einen schönen Saal
  • Von edelm Marmelsteine, so grün wie das Gras,
  • Darin die Königstochter mit ihrem Ingefinde saß.
Рис.10 Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
  • 418 Die Burg war erschloßen und weithin aufgethan,
  • Brunhildes Mannen liefen alsbald heran
  • Und empfiengen die Gäste in ihrer Herrin Land.
  • Die Rosse nahm man ihnen und die Schilde von der Hand.
  • 419 Da sprach der Kämmrer Einer: "Gebt uns euer Schwert
  • Und die lichten Panzer." "Das wird euch nicht
  • gewährt,"
  • Sprach Hagen von Tronje, "wir wollens selber tragen."
  • Da begann ihm Siegfried von des Hofs Gebrauch
  • zu sagen:
  • 420 "In dieser Burg ist Sitte, das will ich euch sagen,
  • Keine Waffen dürfen da die Gäste tragen:
  • Laßt sie von hinnen bringen, das ist wohlgethan."
  • Ihm folgte wider Willen Hagen, König Gunthers Mann.
  • 421 Man ließ den Gästen schenken und schaffen gute Ruh.
  • Manchen schnellen Recken sah man dem Hofe zu
  • Allenthalben eilen in fürstlichem Gewand;
  • Doch wurden nach den Kühnen ringsher die Blicke
  • gesandt.
  • 422 Nun wurden auch Brunhilden gesagt die Mären,
  • Daß unbekannte Recken gekommen wären
  • In herrlichem Gewande gefloßen auf der Flut.
  • Da begann zu fragen diese Jungfrau schön und gut:
  • 423 "Ihr sollt mich hören laßen," sprach das Mägdelein,
  • "Wer die unbekannten Recken mögen sein,
  • Die ich dort stehen sehe in meiner Burg so hehr,
  • Und wem zu Lieb die Helden wohl gefahren sind hieher."
  • 424 Des Gesindes sprach da Einer: "Frau, ich muß gestehn,
  • Daß ich ihrer Keinen je zuvor gesehn;
  • Doch Einer steht darunter, der Siegfrieds Weise hat:
  • Den sollt ihr wohl empfangen, das ist in Treuen
  • mein Rath.
  • 425 "Der andre der Gesellen, gar löblich dünkt er mich;
  • Wenn er die Macht besäße, zum König ziemt’ er sich
  • Ob weiten Fürstenlanden, sollt er die versehn.
  • Man sieht ihn bei den Andern so recht herrlich da stehn.
  • 426 "Der dritte der Gesellen, der hat gar herben Sinn,
  • Doch schönen Wuchs nicht minder, reiche Königin.
  • Die Blicke sind gewaltig, deren so viel er thut:
  • Er trägt in seinem Sinne, wähn ich, grimmigen Muth.
  • 427 "Der jüngste darunter, gar löblich dünkt er mich:
  • Man sieht den reichen Degen so recht minniglich
  • In jungfräulicher Sitte und edler Haltung stehn:
  • Wir müstens alle fürchten, wär ihm ein Leid hier
  • geschehn.
  • 428 "So freundlich er gebahre, so wohlgethan sein Leib,
  • Er brächte doch zum Weinen manch waidliches Weib,
  • Wenn er zürnen sollte; sein Wuchs ist wohl so gut,
  • Er ist an allen Tugenden ein Degen kühn
  • und wohlgemuth."
  • 429 Da sprach die Königstochter: "Nun bringt
  • mir mein Gewand:
  • Und ist der starke Siegfried gekommen in mein Land
  • Um meiner Minne willen, es geht ihm an den Leib:
  • Ich fürcht ihn nicht so heftig, daß ich würde sein Weib."
  • 430 Brunhild die schöne trug bald erlesen Kleid.
  • Auch gab ihr Geleite manche schöne Maid,
  • Wohl hundert oder drüber, sie all in reicher Zier.
  • Die Gäste kam zu schauen manches edle Weib mit ihr.
  • 431 Mit ihnen giengen Degen aus Isenland,
  • Brunhildens Recken, die Schwerter in der Hand,
  • Fünfhundert oder drüber; das war den Gästen leid.
  • Aufstanden von den Sitzen die kühnen Helden allbereit.
  • 432 Als die Königstochter Siegfrieden sah,
  • Wohlgezogen sprach sie zu dem Gaste da:
  • "Seid willkommen, Siegfried, hier in diesem Land.
  • Was meint eure Reise? das macht mir, bitt ich, bekannt."
  • 433 "Viel Dank muß ich euch sagen, Frau Brunhild,
  • Daß ihr mich geruht zu grüßen, Fürstentochter mild,
  • Vor diesem edeln Recken, der hier vor mir steht:
  • Denn der ist mein Lehnsherr; der Ehre Siegfried
  • wohl enträth.
  • 434 "Er ist am Rheine König: was soll ich sagen mehr?
  • Dir nur zu Liebe fuhren wir hierher.
  • Er will dich gerne minnen, was ihm geschehen mag.
  • Nun bedenke dich bei Zeiten: mein Herr läßt
  • nimmermehr nach.
  • 435 "Er ist geheißen Gunther, ein König reich und hehr.
  • Erwirbt er deine Minne, nicht mehr ist sein Begehr.
  • Deinthalb mit ihm that ich diese Fahrt;
  • Wenn er mein Herr nicht wäre, ich hätt es sicher gespart."
  • 436 Sie sprach: "Wenn er dein Herr ist und du in seinem
  • Lehn,
  • Will er, die ich ertheile, meine Spiele dann bestehn
  • Und bleibt darin der Meister, so werd ich sein Weib;
  • Doch ists, daß ich gewinne, es geht euch allen
  • an den Leib."
  • 437 Da sprach von Tronje Hagen: "So zeig uns, Königin,
  • Was ihr für Spiel’ ertheilet. Eh euch den Gewinn
  • Mein Herr Gunther ließe, so müst es übel sein:
  • Er mag wohl noch erwerben ein so schönes Mägdelein."
  • 438 "Den Stein soll er werfen und springen darnach,
  • Den Sper mit mir schießen: drum sei euch nicht zu jach.
  • Ihr verliert hier mit der Ehre Leben leicht und Leib:
  • Drum mögt ihr euch bedenken," sprach das minnigliche
  • Weib.
  • 439 Siegfried der schnelle gieng zu dem König hin
  • Und bat ihn, frei zu reden mit der Königin
  • Ganz nach seinem Willen; angstlos soll er sein:
  • "Ich will dich wohl behüten vor ihr mit den Listen mein."
  • 440 Da sprach der König Gunther: "Königstochter hehr,
  • Ertheilt mir, was ihr wollet, und wär es auch noch mehr,
  • Eurer Schönheit willen bestünd ich Alles gern.
  • Mein Haupt will ich verlieren, gewinnt ihr mich nicht
  • zum Herrn."
  • 441 Als da seine Rede vernahm die Königin,
  • Bat sie, wie ihr ziemte, das Spiel nicht zu verziehn.
  • Sie ließ sich zum Streite bringen ihr Gewand,
  • Einen goldnen Panzer und einen guten Schildesrand.
  • 442 Ein seiden Waffenhemde zog sich an die Maid,
  • Das ihr keine Waffe verletzen konnt im Streit,
  • Von Zeugen wohlgeschaffen aus Libya dem Land:
  • Lichtgewirkte Borten erglänzten rings an dem Rand.
  • 443 Derweil hatt ihr Uebermuth den Gästen schwer gedräut.
  • Dankwart und Hagen die standen unerfreut.
  • Wie es dem Herrn ergienge, sorgte sehr ihr Muth.
  • Sie dachten: "Unsre Reise bekommt uns Recken
  • nicht gut."
  • 444 Derweilen gieng Siegfried, der listige Mann,
  • Eh es wer bemerkte, an das Schiff heran,
  • Wo er die Tarnkappe verborgen liegen fand,
  • In die er hurtig schlüpfte: da war er Niemand bekannt.
  • 445 Er eilte bald zurücke und fand hier Recken viel:
  • Die Königin ertheilte da ihr hohes Spiel.
  • Da gieng er hin verstohlen und daß ihn Niemand sah
  • Von Allen, die da waren, was durch Zauber geschah.
  • 446 Es war ein Kreis gezogen, wo das Spiel geschehn
  • Vor kühnen Recken sollte, die es wollten sehn.
  • Wohl siebenhundert sah man Waffen tragen:
  • Wer das Spiel gewänne, das sollten sie nach Wahrheit sagen.
  • 447 Da war gekommen Brunhild, die man gewaffnet fand,
  • Als ob sie streiten wolle um aller Könge Land.
  • Wohl trug sie auf der Seide viel Golddrähte fein;
  • Ihre minnigliche Farbe gab darunter holden Schein.
  • 448 Nun kam ihr Gesinde, das trug herbei zuhand
  • Aus allrothem Golde einen Schildesrand
  • Mit hartem Stahlbeschlage, mächtig groß und breit,
  • Worunter spielen wollte diese minnigliche Maid.
  • 449 An einer edeln Borte ward der Schild getragen,
  • Auf der Edelsteine, grasgrüne, lagen;
  • Die tauschten mannigfaltig Gefunkel mit dem Gold.
  • Er bedurfte großer Kühnheit, dem die Jungfrau
  • wurde hold.
  • 450 Der Schild war untern Buckeln, so ward uns gesagt,
  • Von dreier Spannen Dicke; den trug hernach die Magd.
  • An Stahl und auch an Golde war er reich genug,
  • Den ihrer Kämmrer Einer mit Mühe selbvierter trug.
  • 451 Als der starke Hagen den Schild hertragen sah,
  • In großem Unmuthe sprach der Tronjer da:
  • "Wie nun, König Gunther? An Leben gehts und Leib:
  • Die ihr begehrt zu minnen, die ist ein teuflisches Weib."
  • 452 Hört noch von ihren Kleidern: deren hatte sie genug.
  • Von Azagauger Seide einen Wappenrock sie trug,
  • Der kostbar war und edel: daran warf hellen Schein
  • Von der Königstochter gar mancher herrliche Stein.
  • 453 Da brachten sie der Frauen mächtig und breit
  • Einen scharfen Wurfspieß; den verschoß sie allezeit,
  • Stark und ungefüge, groß dazu und schwer.
  • An seinen beiden Seiten schnitt gar grimmig der Sper.
  • 454 Von des Spießes Schwere höret Wunder sagen:
  • Wohl hundert Pfund Eisen war dazu verschlagen.
  • Ihn trugen mühsam Dreie von Brunhildens Heer:
  • Gunther der edle rang mit Sorgen da schwer.
  • 455 Er dacht in seinem Sinne: "Was soll das sein hier?
  • Der Teufel aus der Hölle, wie schützt’ er sich vor ihr?
  • War ich mit meinem Leben wieder an dem Rhein,
  • Sie dürfte hier wohl lange meiner Minne ledig sein."
  • 456 Er trug in seinen Sorgen, das wißet, Leid genug.
  • All seine Rüstung man ihm zur Stelle trug.
  • Gewappnet Stand der reiche König bald darin.
  • Vor Leid hätte Hagen schier gar verwandelt den Sinn.
  • 457 Da sprach Hagens Bruder, der kühne Dankwart:
  • "Mich reut in der Seele her zu Hof die Fahrt.
  • Nun hießen wir einst Recken! wie verlieren wir den Leib!
  • Soll uns in diesem Lande nun verderben ein Weib?
  • 458 "Des muß mich sehr verdrießen, daß ich kam
  • in dieses Land.
  • Hätte mein Bruder Hagen sein Schwert an der Hand
  • Und auch ich das meine, so sollten sachte gehn
  • Mit ihrem Uebermuthe Die in Brunhildens Lehn.
  • 459 Sie sollten sich bescheiden, das glaubet mir nur.
  • Hätt ich den Frieden tausendmal bestärkt mit einem
  • Schwur,
  • Bevor ich sterben sähe den lieben Herren mein,
  • Das Leben müste laßen dieses schöne Mägdelein."
  • 460 "Wir möchten ungefangen wohl räumen dieses Land,"
  • Sprach sein Bruder Hagen, "hätten wir das Gewand,
  • Des wir zum Streit bedürfen, und die Schwerter gut,
  • So sollte sich wohl sänften der schönen Fraue
  • Uebermuth."
  • 461 Wohl hörte, was er sagte, die Fraue wohlgethan;
  • Ueber die Achsel sah sie ihn lächelnd an.
  • "Nun er so kühn sich dünket, so bringt doch ihr Gewand,
  • Ihre scharfen Waffen gebt den Helden an die Hand.
  • 462 "Es kümmert mich so wenig, ob sie gewaffnet sind,
  • Als ob sie bloß da stünden," so sprach das Königskind.
  • "Ich fürchte Niemands Stärke, den ich noch je gekannt:
  • Ich mag auch wohl genesen im Streit vor des Königs
  • Hand."
  • 463 Als man die Waffen brachte, wie die Maid gebot,
  • Dankwart der kühne ward vor Freuden roth.
  • "Nun spielt, was ihr wollet," sprach der Degen werth,
  • "Gunther ist unbezwungen: wir haben wieder unser
  • Schwert."
  • 464 Brunhildens Stärke zeigte sich nicht klein:
  • Man trug ihr zu dem Kreise einen schweren Stein,
  • Groß und ungefüge, rund dabei und breit.
  • Ihn trugen kaum zwölfe dieser Degen kühn im Streit.
  • 465 Den warf sie allerwegen, wie sie den Sper verschoß.
  • Darüber war die Sorge der Burgunden groß.
  • "Wen will der König werben?" sprach da Hagen laut:
  • "Wär sie in der Hölle doch des übeln Teufels Braut!"
  • 466 An ihre weißen Arme sie die Ärmel wand,
  • Sie schickte sich und faßte den Schild an die Hand,
  • Sie schwang den Spieß zur Höhe: das war des Kampfe
  • Beginn.
  • Gunther und Siegfried bangten vor Brunhildens
  • grimmem Sinn.
  • 467 Und wär ihm da Siegfried zu Hülfe nicht gekommen,
  • So hätte sie dem König das Leben wohl benommen.
  • Er trat hinzu verstohlen und rührte seine Hand;
  • Gunther seine Künste mit großen Sorgen befand.
  • 468 "Wer wars, der mich berührte?" dachte der kühne Mann,
  • Und wie er um sich blickte, da traf er Niemand an.
  • Er sprach: "Ich bin es, Siegfried, der Geselle dein:
  • Du sollst ganz ohne Sorge vor der Königin sein."
  • 469 (Er sprach:) "Gieb aus den Händen den Schild,
  • laß mich ihn tragen
  • Und behalt im Sinne, was du mich hörest sagen:
  • Du habe die Gebärde, ich will das Werk begehn."
  • Als er ihn erkannte, da war ihm Liebes geschehn.
  • 470 "Verhehl auch meine Künste, das ist uns beiden gut:
  • So mag die Königstochter den hohen Uebermuth
  • Nicht an dir vollbringen, wie sie gesonnen ist:
  • Nun sieh doch, welcher Kühnheit sie wider dich
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